Liebe in Zeiten von Corona – Folge #3 PS. Ich liebe euch

Liebe in Zeiten von Corona – Folge #3 PS. Ich liebe euch

Folge #3
 PS: Ich liebe euch

- Marie

In Zeiten, in denen sich Menschen freiwillig oder unfreiwillig nicht treffen können, entsteht eine der wunderbarsten Arten der Literatur:  der Briefwechsel. Viele dieser Briefwechsel erscheinen Jahre, manchmal Jahrzehnte später als Sammlung und lassen andere Menschen die Liebe, die Verbindung, aber auch die unendliche Sehnsucht zwischen den Autoren*innen nachempfinden. Auch noch Generationen später.

In dieser Zeit, in der Distanz zwischen Menschen das Gebot der Stunde ist, habe ich das Glück mit meinem Liebsten unter einem Dach zu leben. Zwischen uns gehen daher weniger herzzerreißende Liebesbriefe, als viel mehr Einkaufslisten, Bürounterlagen und maximal ein “Ich liebe dich”-Post-it hin und her. Auch das bietet natürlich Stoff für eine Geschichte, aber sicherlich nicht für den großen Sehnsuchtsroman. 

Es gibt allerdings jemanden, den ich aktuell schmerzlich vermisse. Sogar eine ganze Gruppe von Menschen. Es sind meine Freundinnen. Daher möchte ich ihnen die folgende Liebeserklärung widmen:


Lieblingsmenschen, 

schon ohne Corona lebt ihr leider alle viel zu weit verstreut, als dass ich euch am besten täglich bei mir auf dem Sofa (wahlweise auch der Terasse) zum Tee oder Weinschorle trinken versammeln könnte. Aber jetzt kann ich euch nicht mal mehr besuchen oder ihr mich. Auch einen Ausflug in die Brandenburger Einöde mussten wir der Krise opfern und von Galão und Pastéis de Nata in den Gassen von Lissabon können wir gerade nur träumen. Wir holen das nach. Versprochen. Und dann mit einer Flasche Sekt mindestens so groß wie ich. 

Mir fehlt euer Lachen. Mir fehlt euer Schweigen. Mir fehlt das Knautschen und das Hände halten. Mir fehlt es mit euch die Hüften kreisen zu lassen, das Tanzbein zu schwingen und bei fast noch zu kühlen Temperaturen die Nase und den Bauch in die Sonne zu halten. 

Dank Skype und Telegram muss ich zum Glück in dieser Zeit nicht auch noch auf eure Stimmen, das gegenseitige Zuhören und euren Rat verzichten. Noch lieber würde ich mir diesen allerdings direkt bei euch abholen - eingekuschelt im Bett oder bei einer Wanderung durch die Natur. 

Ihr seid schon eine ganze Weile meine Weggefährtinnen und wir haben schon ganz andere Zeiten durchgestanden, da wurde Corona noch mit Limette serviert und nicht mit Rachenabstrich. Ihr wart immer an meiner Seite, ob bei Körperkrisen, Prüfungsstress, Herzschmerz oder, um mir Essensreste oder überschüssige Sonnencreme aus dem Gesicht zu wischen. Und ihr habt auch meine Glücksmomente mit mir geteilt: von frisch verliebt bis frisch vermählt war alles dabei. 

Danke für jeden einzelnen Moment.

Wenn ich gerne jemanden in meinem Quarantäne-Team hätte, dann wärt das ihr! Bleibt bitte gesund bis wir uns bald wieder in den Armen liegen können. 

Marie 

PS: Ich liebe euch!

Wir bleiben zuhause...

...mit anderen Menschen oder  auch allein. Was macht das mit uns? Mit unserer Liebe, unseren Beziehungen, unseren Freundschaften?  Wie steht es um Sex in Quarantäne, Dating auf Distanz, Flirten nur noch digital? Absofort jeden Abend Dinner for One oder nur noch Pärchenabend?

Wir - Cosima und Marie - schreiben unter dem Titel “Liebe in Zeiten von Corona” darüber, was wir und andere durch Quarantäne, Kontaktbeschränkung und Social Distancing mit Partner*innen, Familie, Freunden*innen, Affären, Liebhaber*innen und Flirts erleben. Wir wollen über die Herausforderungen reflektieren, Sehnsüchte erkunden, Sorgen teilen, Momente der Isolationsromantik feiern und am Ende auch ein bisschen über uns und den ganz normalen Alltagswahnsinn lachen. 

Die Kolumne erscheint jede Woche Mittwoch und Sonntag auf cusilife.

 
 

Cosima studiert Philosophie und schreibt auf ihrem Blog cusillife über (Selbst-)Liebe und Polyamorie. Marie ist Psychologin und arbeitet als freiberufliche Prozessbegleiterin und Organisationsentwicklerin. Trotz ihrer 5,5 Jahre Altersunterschied haben sie sich früher als Zwillinge in Clubs rein geschmuggelt. Jetzt schreiben sie gemeinsam über die Liebe in Zeiten von Corona.

Liebe in Zeiten von Corona – Folge #2 Soziale Mondfinsternis

Liebe in Zeiten von Corona – Folge #2 Soziale Mondfinsternis

Folge #2: Soziale Mondfinsternis

- Cosima 

FOMO. The Fear of Missing Out. In einer Stadt, in der man zu viele Menschen, zu viele Möglichkeiten, zu viele Freizeitaktivitäten und eigentlich von allem irgendwie zu viel hat, da ist es eine Kunst „Nein“ zu sagen. Zum dritten Brunch, After Hour, Technoparty, Picknick, Crafternoon, Buchclub, Jamsession, Saunaabend mit Singkreis und so weiter.

Und das alles an einem Wochenende.

Es ist ein schönes Problem, ein lebendiges, fast zu lebendiges Sozialleben zu haben. Es gibt selten einen Tag, an dem ich nichts vorhabe.

 

Mein Kalender sieht normalerweise aus, wie mit Farbbomben beworfen.
Und jetzt - dunkelgraue Leere von morgens bis Mitternacht.
Es ist erstmal alles abgesagt.


Mitte März sollte unsere Veranstaltung “Frühlingsgefühle” über ein Wochenende stattfinden für eine Community, in der ich in Berlin aktiv bin. Alles war seit Monaten geplant. Ein Freund und ich hatten gemeinsam viele Stunden in die Organisation gesteckt. Angesichts der wachsenden Sorgen rund um Corona mussten wir schließlich einsehen, dass ein Treffen mit 50 Personen grad nicht drin ist. (Auch wenn es legal noch möglich gewesen wäre). Zu der Zeit ahnten wir noch nicht, dass innerhalb der nächsten Woche nicht einmal mehr das Zusammentreffen von mehr als zwei Menschen erlaubt zwei würde. Während die Zahlen der Coronainfizierten exponentiell wuchsen, stieg auch die Zeit, die ich damit verbrachte, über Corona zu sprechen, Treffen abzusagen, Nachrichten zu checken, Netflix zu schauen und Corona Memes zu teilen. 

Und dann plötzlich drehte sich die Welt langsamer. Stand für einen Moment sogar still. 

Alles wurde verschoben, abgesagt und geschlossen. Ab jetzt zuhause bleiben. Auch wenn ich traurig darüber war, dass wir das Wochenende auf Eis legen mussten, ich war erleichtert: Ein ganzes Wochenende, an dem ich nichts vorhatte und die Möglichkeiten, was anderes zu machen mit jeder Stunde weniger wurden. Eine Art soziale Mondfinsternis. Ich muss mal nirgends hin.

Erst jetzt merkte ich, wie sehr der soziale Druck, überall dabei sein zu wollen, sonst auf mir lastet.

 

Zwei Tage lang einfach nur zuhause sein, ich habe quasi „Coronafrei“ von meinem eigenen Sozialleben.

Und dann dreht sie sich plötzlich doch wieder weiter, die Welt.

Ab Montag hatte ich dann auf einmal schon wieder drei Telefonate am Tag, Gruppen Zoom Calls, Telegram Chats und 27 Einladungen auf Facebook zu digitalen Konzerten, Meditationen, Yoga, Sharing Circles, Comedy Shows, Online Parties und so weiter...

Die soziale Mondfinsternis war schon wieder vorbei.

Und alle machen jetzt noch mehr „ihr Ding“ und „starten voll durch“.

Don’t get me wrong – ich finde es toll, wie schnell und kreativ viele Menschen reagiert haben. Gerade für Personen, die alleine leben oder die mit Events und Shows ihr Geld verdienen, ist es wunderbar, dass es vieles davon jetzt online gibt. Die Welt soll sich ja weiterdrehen. Gewisse Normalität in der Krise ist unverzichtbar, und doch  möchte ich anerkennen, dass wir es mit einer Ausnahmesituation zu tun haben.

Ich hatte darauf gehofft, endlich mal „in meiner Höhle“ zu sitzen.

Die Welt in Ruhe zu lassen.

Und von der Welt in Ruhe gelassen zu werden.

Selbst zur Ruhe zu kommen.

Aber die Welt wird nicht weniger komplex und weniger überwältigend, auch nicht in Zeiten  einer Pandemie...gerade jetzt nicht!

Also raus aus der Höhle und spazierengehen, reden, spielen, überlegen, was ich und die Welt gerade brauchen. Die Kunst, die ich in der Quarantäne gerade lerne (weil ja jetzt jeder irgendwas mit Kunst macht), ist nicht überall dabei sein zu müssen, mein Leben nicht einfach nur auf online umzustellen, nicht dem Druck des Produktivitätshamsterrads zu verfallen, mir erlauben, Urlaub zuhause zu machen. Anstatt Kaffee am Strand in Portugal, wie ursprünglich geplant, lieber Kaffee auf dem Balkon in der Hängematte. Und abends dann dem Mond zuschauen. 


Wir bleiben zuhause...

...mit anderen Menschen oder  auch allein. Was macht das mit uns? Mit unserer Liebe, unseren Beziehungen, unseren Freundschaften?  Wie steht es um Sex in Quarantäne, Dating auf Distanz, Flirten nur noch digital? Absofort jeden Abend Dinner for One oder nur noch Pärchenabend?

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Die Kolumne erscheint jede Woche Mittwoch und Sonntag auf cusilife.

 
 

Cosima studiert Philosophie und schreibt auf ihrem Blog cusillife über (Selbst-)Liebe und Polyamorie. Marie ist Psychologin und arbeitet als freiberufliche Prozessbegleiterin und Organisationsentwicklerin. Trotz ihrer 5,5 Jahre Altersunterschied haben sie sich früher als Zwillinge in Clubs rein geschmuggelt. Jetzt schreiben sie gemeinsam über die Liebe in Zeiten von Corona.


Liebe in Zeiten von Corona – Folge #1 Zusammen ist man weniger allein

Liebe in Zeiten von Corona – Folge #1 Zusammen ist man weniger allein

Folge #1: Zusammen ist man weniger allein

- Marie 

 

Noch vor ein paar Wochen habe ich beim Abendessen zu Freunden gesagt, dass ich meinen Partner gerne mehr zuhause hätte und es schön fände, wenn er mehr Homeoffice machen könnte oder weniger arbeiten müsste. 

Dank Corona ist es jetzt soweit.

Wir sitzen beide von morgens bis abends zu Hause. Und auch hier gilt: Traum und Wirklichkeit sind nicht immer identisch. 

Als Freiberuflerin bin ich auch sonst sehr flexibel was meinen Arbeitsort angeht. Ich bin es gewohnt, abwechselnd von zuhause, im Coworking-Space, im ICE oder bei den Kolleginnen am Küchentisch zu arbeiten. Ich habe also einige Erfahrung darin, wie ich mich selbst strukturiere, motiviere, äußerlich nicht verwahrlose und meine Arbeit erledigt bekomme, auch wenn ich das Haus mal nicht verlassen muss. Nach einem kurzen “Corona-Tief”, da alle meine Aufträge abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben wurden, konnte ich mich schnell wieder in meine bewährten Routinen einfinden. Ich arbeite jetzt online weiter und gehe Projekte an, für die sonst nicht so viel Raum ist (diese Kolumne zum Beispiel). Mein Partner hingegen hat auf die Anordnung von zuhause zu arbeiten mit totaler Euphorie reagiert. Er versucht seinen Arbeitgeber seit Monaten von regelmäßigen Homeoffice-Tagen zu überzeugen. Bisher erfolglos. Die zwei Stunden weniger Pendeln am Tag wurden in der ersten Woche gleich mal in alle Projekte gesteckt, die das schöne Wetter und die eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten nach Feierabend so hergaben. Daher haben wir jetzt eine neu gepflasterte Sitzecke im Garten und eine neue Arbeitsplatte in der Küche. Unser Arbeitszimmer ist  daher neuerdings auch noch Werkstatt und Werkzeuglager. Wie praktisch.

Die gemeinsame Morgenroutine habe ich mir romantischer vorgestellt.

 Normalerweise ziehe ich meine Rituale zwar nicht mit Influencer-ähnlicher Strenge und Ästhetik durch, aber immerhin mit einer gewissen Regelmäßigkeit: Während mein Partner das Haus sonst zu einer Uhrzeit fertig geschniegelt verlässt, zu der ich noch im Bett liege (außer die Pflicht ruft mich schon früher raus), stehe ich meistens erst auf, wenn ich die Wohnung für mich alleine habe. Dann mache ich Yoga oder schreibe Tagebuch. Manchmal dusche ich auch gleich, mache mir in aller Ruhe Frühstück, lese oder höre etwas. Und jetzt mal ganz ehrlich: vor 10:00 Uhr schaffe ich es meistens nicht an den Schreibtisch, denn ich führe morgens den typischen Prokrastinationskampf mit dem Haushalt (zum Beispiel mit der Wäsche, die seit 7 Tagen furztrocken auf dem Ständer hängt). In meiner Vorstellung – jetzt da wir beide zu Hause sind – lassen wir es morgens gemütlich angehen, kuscheln noch ein bisschen, frühstücken gemeinsam. Aber das funktioniert schon deswegen nicht, weil er morgens gerne etwas während dem Frühstück schauen möchte – am liebsten Nachrichten. Die deprimieren mich so früh eher, weswegen ich mir diese meistens für später am Tag aufspare. Nachdem ich meinen Ritualen also treu bleibe und er am Rechner frühstückt, landen wir dann beide irgendwann im gemeinsamen Arbeitszimmer. Ich bin wegen der Massen-Quarantäne so gut wie ununterbrochen in irgendwelchen Zoom- und Skype-Meetings, da meine Arbeit auch sonst viele persönliche Treffen, Telefonate und digitale Meetings beinhaltet. Jetzt teile ich allerdings mein Homeoffice mit einem schweigend arbeitenden Bürokraten. Da liegen die Nerven öfter blank als erwartet.
 

Die Rettung - ich arbeite jetzt öfter in meinem neuen Lieblingscoffeeshop alias der Küche. Self service, versteht sich.  


Dann sind auch unsere Zeiten für Pausen und Nahrungsaufnahme komplett verschieden. Ich frühstücke relativ spät, esse mittags meistens nur eine Kleinigkeit, oft Reste vom Vortag, und gehe lieber noch eine Runde spazieren. Für ihn muss es mittags (und ich zitiere hier) „etwas richtiges zu essen“ sein und danach Mittagsschlaf. Das mit dem Sex in der Mittagspause ist wohl auch eher eine Wunschvorstellung. Ähnlich der Ausbreitung des Coronavirus, steigt auch meine Produktivität exponentiell über den Tag an. Das heißt pünktlich zur täglichen Quarantäne-Kaffeepause meines Partners um 15:30 Uhr bin ich auf meinem Produktivitätshoch und kann mich genau dann nur schwer vom Rechner loseisen. 

Während der Start in den Tag neuerdings so anders verläuft, bleibt am Ende des Tages eigentlich alles wie immer: eine*r von uns kocht, wir kommen so richtig zum ersten Mal beim Abendessen zusammen und erzählen uns, was wir an dem Tag so erlebt haben. Ein hoch auf ein Stückchen Normalität in Zeiten des Dauerausnahmezustands. 

Wir bleiben zuhause...

...mit anderen Menschen oder  auch allein. Was macht das mit uns? Mit unserer Liebe, unseren Beziehungen, unseren Freundschaften?  Wie steht es um Sex in Quarantäne, Dating auf Distanz, Flirten nur noch digital? Absofort jeden Abend Dinner for One oder nur noch Pärchenabend?

Wir - Cosima und Marie - schreiben unter dem Titel “Liebe in Zeiten von Corona” darüber, was wir und andere durch Quarantäne, Kontaktbeschränkung und Social Distancing mit Partner*innen, Familie, Freunden*innen, Affären, Liebhaber*innen und Flirts erleben. Wir wollen über die Herausforderungen reflektieren, Sehnsüchte erkunden, Sorgen teilen, Momente der Isolationsromantik feiern und am Ende auch ein bisschen über uns und den ganz normalen Alltagswahnsinn lachen. 

Die Kolumne erscheint jede Woche Mittwoch und Sonntag auf cusilife.

 
 

Cosima studiert Philosophie und schreibt auf ihrem Blog cusillife über (Selbst-)Liebe und Polyamorie. Marie ist Psychologin und arbeitet als freiberufliche Prozessbegleiterin und Organisationsentwicklerin. Trotz ihrer 5,5 Jahre Altersunterschied haben sie sich früher als Zwillinge in Clubs rein geschmuggelt. Jetzt schreiben sie gemeinsam über die Liebe in Zeiten von Corona.

‚Lust auf unserer Haut‘ – Filmreview und Verlosung

‚Lust auf unserer Haut‘ – Filmreview und Verlosung

Ich mag die meisten Trailer nicht. 

Sie sollen Lust auf den Film machen, verraten aber schon alles. 

Warum sollte ich den Film dann noch sehen?

 

Die besten Trailer lassen nur erahnen um was es geht, erzeugen eine Stimmung, eine Neugier. 

 

Lust eben. 

 

Ich versuche dir Lust zu machen auf "Lust auf unserer Haut" von Reneé Beaulieu.

Original Titel: Les Salopes ou le Sucre Naturel de la Peau

 

Der Film greift viele aktuelle Debatten über weibliche Lust, Sexualität, Lebensmodelle und Machtpositionen auf. Es ist kein überreizter Hollywoodfilm mit überdrehtem Happy End. Der Film ist etwas kühl, aber realistisch, zumindest viel davon. Die Erzählweise ist langsam. Musik spielt nur bei sexuellen Szenen. 

Marie-Claire, gespielt von Brigitte Poupart, ist Dermatologie-Professorin. Sie ist verheiratet. Sie und ihr Mann haben zwei Kinder. Eine ihrer angehenden Doktoratinnen schlägt ihr Dissertationsthema vor. Sie möchte den Zusammenhang zwischen Haut und der menschlichen Sexualität erforschen. Macht es einen Unterschied, wodurch die Hautzellen stimuliert werden? Lust oder Liebe? 

Marie-Claire wagt neben ihrer Forschungsarbeit ein Selbstexperiment. Sie schläft mit anderen Männern und untersucht ihre Hautzellen. Es ist eine Mischung aus klinischen und sinnlichen Elementen.
Sie und ihr Mann haben eine "DADT"-Regel (Don't ask, dont't tell) in ihrer Beziehung. Das bedeutet, dass sie mit anderen Menschen Sex habe können, es einander aber nicht erzählen und auch nicht nachfragen. Doch als Marie-Claire ihrem Mann eröffnet, dass sie mit anderen Männern geschlafen hat, artet das Gespräch zu einem großen Beziehungsstreit aus. Die Abmachung war wohl doch nicht so klar, wie gedacht. Auf beiden Seiten. 

Der Film versucht Rollenbilder, Ideale, Sehnsüchte und Wünsche der Weiblichkeit zu inszenieren. 
Wie vereinbar sind sie und wann stehen sie im Konflikt miteinander? 

Die Ehefrau, die Mutter, die erfolgreiche Akademikerin, die Liebhaberin, die beste Freundin, die Tochter, . . .

 

Frauen wachsen mit vielen Idealvorstellungen auf, wie sie sein sollen. 

Wo verortet man sich? Wo will man sein?
Muss man auf eines verzichten, um das andere zu erfüllen?

Marie-Claire versucht den Spagat zwischen den Seiten ihrer Selbst. Doch auch andere weibliche Charaktere im Film verkörpern Teile dieses Zwiespalts. Marie-Claires Freundin Mathilde ist Anfang 40, hängt an ihrem Ex, wollte nie Kinder. Doch jetzt fühlt sie sich alleine, will unbedingt eine Familie. Es ist unklar, ist es nun wirklich ihr Wunsch oder beugt sie sich der Idee, was eine Frau im Leben wollen soll. Marie-Claires Tochter Katou beichtet ihrer Mutter über erste sexuelle Erfahrungen, die begannen als sie 11 war. Es zieht einem den Magen ein wenig zusammen. Ab wann ist man bereit für sexuelle Erfahrungen? Ist sie zu jung? Man erkennt das Hin-und Hergerissen sein davon, die eigene Selbstbestimmung zu leben und Angst und Sorge um die Sexualität der eigenen Tochter in Marie-Claire.

Marie-Claire ist Professorin, lehr und forscht an der Uni.  Lust, Anziehung, Verführen, Grenzen . . . an der Universität.

Darf man mit Studierenden schlafen?

Ich fand es besonders interessant, da ich selbst Studentin bin und mich schon oft gefragt habe, passieren Affären und Beziehungen an meiner Uni zwischen Studierenden und Lehrenden? Und wie sind diese zu bewerten? Gibt es einen Weg Machtungleichgewicht zu beleuchten, ernst zu nehmen, aber es nicht auszunutzen?

Gibt es einen Altersunterschied der problematisch ist? Und wo würde der anfangen?

Wie können wir achtsam mit diesen Themen sein? Mit diesen Geschichten?
Wann müssen sie politisiert werden? 

Ich möchte nicht zu viel verraten! 

Der Film ist sinnlich und politisch. 

Auf interessante Weise direkt. Gleichzeitig werden viele Dinge nur subtil angedeutet. Nicht alles ist immer klar. Gefühle, Sehnsüchte, moralische Haltungen verschwimmen. Der Film wird kühl und teilweise etwas steril gehalten, was gut zur Dermatologie passt. Sex auf einer kalten, Metallliege im Labor. . . Ich konnte mir vorstellen, wie kalt sich das anfühlt, während ich in meinem warmen Bett liege und den Film schaue. . . 

 

Lust auf unserer Haut. 

Hast du jetzt Lust auf den Film bekommen?

Ich habe 3 DVDs zu verlosen. Am Ende des Artikels erkläre, wie du bei der Verlosung mit machen kannst. Doch zuerst, möchte ich noch die Regisseurin und Drehbuchautorin Renée Beaulieu zu Wort kommen lassen. 

 

Ich wollte die Sexszenen so realistisch wie möglich zeigen. Um das zu erreichen, mussten meine Schauspieler*innen und ich unsere eigenen Hemmungen verlieren. Da gab es durchaus Momente, in denen ich mich gefragt habe, ob ich zu viel von meinen Schauspieler*innen verlange!



Liebe Renée, danke, dass du dir Zeit nimmst meine Fragen zu beantworten. 
Wie bist du auf die Idee des Films gekommen?

Als ich angefangen habe mit dem Drehbuch, habe ich noch an meiner Doktorarbeit geschrieben mit dem Thema „gender relations in Quebec’s popular cinema“. Frauen sind in Filmen unterrepräsentiert. Und wenn sie auf der Leinwand gezeigt werden, wird sich auf ihre Körperlichkeit bezogen. Meistens sind sie jung, attraktiv und haben keine Kinder. 

Ich wollte einen Film machen, der das Gegenteil zeigt: Eine selbstbewusste Frau, die ihre Sexualität auslebt für sich selbst, anstatt (nur) für einen Mann. Der Film sollte auf Frauen(rollen) fokussieren. Allerdings sollten die Männer nicht objektiviert werden, wie es normalerweise bei Frauen der Fall ist. 

Du hast deinen Job als Pharmazeutin aufgegeben und bist zurück zum Film gegangen. Die Filmwelt ist hart, besonders für Frauen. Man sagt uns sei nett, leise, nicke, lächle, mache es anderen Recht. Pushe die eigenen Ideen nicht zu sehr. Natürlich ist auch das ein Stereotyp, aber es ist nun mal eines der weiblichen Narrative in unserer Gesellschaft. 

Was hilft dir selbstbewusst zu bleiben mit deinen Ideen und deiner Arbeit?

Meine Arroganz. Ich unterstütze nicht, wenn Männer glauben sie und ihre Ideen seien besser, nur weil sie Männer sind. Ich bin intelligent. Und ich habe schon viele Männer getroffen, die es nicht sind. Wie könnte ich mich selbst in Zweifel ziehen?
Ein Freund hat mir einen guten Rat gegeben, der auf viele Lebensbereiche anwendbar ist: Spring und du findest heraus wie du landest. Ja, es ist hart als Frau in der Filmbranche. Es ist eine Männerdomaine. Ich denke, wie sollten tun und uns nehmen, was wir wollen und nicht warten bis man uns fragt. 

Wie wurde der Film vom Publikum angenommen? 
Der Film wurde besser angenommen als ich erwartet hatte. Viele Frauen waren froh so gezeigt zu werden, wie sie sich fühlen und selbst sehen. Aber auch viele Männer haben sehr offen reagiert.

Wenn du aussuchen könntest, was die Leute aus deinem Film mitnehmen, was wäre es?
Ich wünsche mir, dass die Menschen über die Werte unserer modernen Gesellschaft nachdenken, vor allem im Bezug auf Beziehung und Sexualität.  

Hast du für die Produktion des Films mit Dermatolog*innen zusammengearbeitet?
Ich habe viel recherchiert. Aber das Experiment aus dem Film ist erfunden.  Wir wüssten bestimmt alle gern die Antwort, ob es für unsere Haut  einen Unterschied macht ob Liebe oder Sex im Spiel sind. Ich glaube an meine erfundene Antwort aus dem Film: Liebe und Sex hängen nicht zusammen. 

 
Mit dem Thema Sexualität zu arbeiten, bringt auch Gelegenheit sich mit der eigenen Sexualität, der Beziehung zum eigenen Körper, Lust, Scham, Wünschen und Ängsten auseinanderzusetzten. Wie war das für dich und die Hauptdarsteller*innen?

Die größte Herausforderung war mit Sicherheit die Sexszenen zu drehen! Sexualität zu filmen heißt auch einen Teil meiner Intimität zu zeigen. Etwas Intimes zu präsentieren, was dadurch nicht mehr intim ist. Während der Produktion musste ich eigene Hemmungen verlieren. Auf eine Art sind wir uns alle am Set intim begegnet. Wir mussten uns offen mit einander zeigen. Es war eine sehr herausfordernde Erfahrung, die es verlangt, dass ich über mich selbst hinauswachse. Es war berauschend.

Vielen Dank für das Interview und deinen Film!

 


Lust auf unserer Haut kann auf prime video gestreamt werden und ist auf DVD und Blu-ray erhältlich. 

Willst du eine von 3 DVDs geschenkt bekommen?
Mach bei der Verlosung mit. 

Trage dich in den Glücksletter ein (falls du noch nicht dabei bist).
Kommentiere unter dem Artikel oder schreibe mir eine Email an mail@cusilife.de

Am 1. März erhalten die Gewinner*innen eine Nachricht von mir und ich schicke euch anschließend die DVDs zu. 

Temple Whore Sexuality Training – eine Fotostrecke

Temple Whore Sexuality Training – eine Fotostrecke

Stelle dir einen Raum mit orangen Teppichboden vor.

In der Ecke sind Decken.

Sie sind ordentlich zusammengefaltet und gestapelt. 

Daneben liegen Kissen.

Weiche für den Kopf und festere zum Sitzen. 

Zusammengerollte Yogamatten in verschiedenen Farben formen eine bunte Pyramide.

Wir sind 24 Menschen in bequemer Kleidung.

Wer sich kennt umarmt sich, wer sich nicht kennt bietet eine Umarmung an. Sie wird meistens angenommen. Die Luft wird von dem Duft eines Räucherstäbchens erfüllt. Im Sonnenlicht, das durch den Spalt zwischen den Vorhängen blitzt, kann ich die Schlieren des Rauchs erkennen.

Es geht los. Wir stehen in einem Kreis und werden willkommen geheißen.
Wenig Worte. Augen schließen und den Anweisungen lauschen.
Es geht um die Musik. Und den Körper.


Wie will sich dein Körper in diesem Moment bewegen?

 

Alles ist willkommen.  Du bist willkommen, wie du bist. 

Du darfst Geräusche machen.  Dich am Boden rollen oder still am Rand stehen. Nach einer viertel Stunde entseht ein Gefühl des Djungel. Tiere haben sich zum Tanzen und Spielen getroffen. Die Tiere in uns. Begleitet von rhythmischen Klängen. Ich mache meine Augen auf und neben all den schönen Menschen, die sich frei bewegen, Geräusche von sich geben, sehe ich ein tief verwirrtes Gesicht.

Ein junger Mann steht am Rand, er trägt eine dunkelblaue Jeans und einen schwarzen Pulli. Er bewegt sich nicht. Ich würde seinen Gesichtsausdruck als "Oh mein Gott! Wo bin ich hier rein geraten? Und noch wichtiger wie komme ich schnellst möglich wieder weg?" deuten.

Diese Situation hat sich vor vier Jahren bei einem Tantra Abendworkshop abgespielt. Ich war erst seit ein paar Monaten wieder in Deutschland nach meiner Reise durch Südamerika und gerade zu Besuch in Berlin. Ich war total verliebt in Tantra und als ich diesen verwirrten und wohl sehr verirrten jungen Mann sah, habe ich verstanden, dass das was wir hier machen, ungewohnt ist.  Und was mir in den letzten Jahren so vertraut geworden ist (Worte, Bewegungen, Übungen, Berührung, Werte etc.) ist nicht vertraut für andere und war es auch für mich nicht immer!

Nicht jede*r hat Einblick in die sexpositive Community und Szene. Es fehlt Kontext.

Ich vermute diese Person wollte etwas über Sexualität lernen, vielleicht jemanden zum Daten kennen lernen. Doch wie wir Hippies da rumtanzen und auf dem Boden rumkrabbeln hat für ihn wohl keinen Sinn ergeben, ihn verunsichert und in die Unwohlfühl-Zone geschickt.

Die Frage bleibt: Was hätte man ihm vorher sagen können, das ihm eine Vorstellung davon gegeben hätte, was er zu erwarten hat? Geht das überhaupt?

Ich versuche es immer wieder, ich versuche zu erklären, was BDSM, Sexpositivät, Tantra und was damit zusammenhängt, für mich bedeutet. Warum es nicht nur um Sex geht, sondern viel tiefer und weiter greift! Wie Sex und Sexualität für mich inzwischen Horizonte gesprengt haben, von denen ich keinerlei Vorstellung hatte. Wie ich Heilung, tiefe Liebe und Nähe zu mir und anderen dadurch erfahre.

Und ich frage mich selbst natürlich auch immer wieder: Was genau machen wir da nochmal?
 

Worte zu finden habe ich im Artikel 7 Tage Erotic Mysteries Deep Dive versucht. Wenn ich darüber nachdenke, tauchen aber  nicht unbedingt Worte, sondern Bilder und Gefühle in meinem Kopf auf. Bei unserem letzten Temple Whore Training im September hatten wir einen Nachmittag die Fotografin Renate Kossman bei uns. Sie hat eine Session für uns festgehalten. Und damit die Bilder nicht nur auf meiner Festplatte rumliegen, sondern ein Gefühl geben, was wir eben so machen bei diesen Trainings, habe ich dir eine Auswahl zusammengestellt. 

 

Natürlich ist auch dies nur ein Nachmittag von einem 6-Tages Training!

Doch es zeigt die Nähe, die Verbindung, die Weichheit, das Spiel zwischen Pain und Pleasure, den Spaß.
Es zeigt die Menschen, verletzlich und liebevoll. 

Klicke eines der Bilder an, um die Gallerie zu öffnen.

Um mehr über das nächste Training zu erfahren, scrolle runter.  

Alle Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nicht verwendet werden.

Temple Whore Training 2019, Spitzmühle Berlin

eine
Sexuality Fotostrecke 

Ich liebe die Bilder und noch mehr liebe ich die echten Momente dahinter. Und bald gibt es wieder eine Woche davon.

Das nächste Shadow Tantra Training mit Seani Love findet vom 
5.-11.Oktober 2020 auf der Spitzmühle Berlin statt. 

Sei dabei.
Alle Infos und Anmeldung gibt es im Facebook Event oder auf der School of Erotic Mysteries Seite.

Bei Fragen oder Interesse schreib mir gern.