Liebe in Zeiten von Corona – Folge #1 Zusammen ist man weniger allein

Liebe in Zeiten von Corona – Folge #1 Zusammen ist man weniger allein

Folge #1: Zusammen ist man weniger allein

- Marie 

 

Noch vor ein paar Wochen habe ich beim Abendessen zu Freunden gesagt, dass ich meinen Partner gerne mehr zuhause hätte und es schön fände, wenn er mehr Homeoffice machen könnte oder weniger arbeiten müsste. 

Dank Corona ist es jetzt soweit.

Wir sitzen beide von morgens bis abends zu Hause. Und auch hier gilt: Traum und Wirklichkeit sind nicht immer identisch. 

Als Freiberuflerin bin ich auch sonst sehr flexibel was meinen Arbeitsort angeht. Ich bin es gewohnt, abwechselnd von zuhause, im Coworking-Space, im ICE oder bei den Kolleginnen am Küchentisch zu arbeiten. Ich habe also einige Erfahrung darin, wie ich mich selbst strukturiere, motiviere, äußerlich nicht verwahrlose und meine Arbeit erledigt bekomme, auch wenn ich das Haus mal nicht verlassen muss. Nach einem kurzen “Corona-Tief”, da alle meine Aufträge abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben wurden, konnte ich mich schnell wieder in meine bewährten Routinen einfinden. Ich arbeite jetzt online weiter und gehe Projekte an, für die sonst nicht so viel Raum ist (diese Kolumne zum Beispiel). Mein Partner hingegen hat auf die Anordnung von zuhause zu arbeiten mit totaler Euphorie reagiert. Er versucht seinen Arbeitgeber seit Monaten von regelmäßigen Homeoffice-Tagen zu überzeugen. Bisher erfolglos. Die zwei Stunden weniger Pendeln am Tag wurden in der ersten Woche gleich mal in alle Projekte gesteckt, die das schöne Wetter und die eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten nach Feierabend so hergaben. Daher haben wir jetzt eine neu gepflasterte Sitzecke im Garten und eine neue Arbeitsplatte in der Küche. Unser Arbeitszimmer ist  daher neuerdings auch noch Werkstatt und Werkzeuglager. Wie praktisch.

Die gemeinsame Morgenroutine habe ich mir romantischer vorgestellt.

 Normalerweise ziehe ich meine Rituale zwar nicht mit Influencer-ähnlicher Strenge und Ästhetik durch, aber immerhin mit einer gewissen Regelmäßigkeit: Während mein Partner das Haus sonst zu einer Uhrzeit fertig geschniegelt verlässt, zu der ich noch im Bett liege (außer die Pflicht ruft mich schon früher raus), stehe ich meistens erst auf, wenn ich die Wohnung für mich alleine habe. Dann mache ich Yoga oder schreibe Tagebuch. Manchmal dusche ich auch gleich, mache mir in aller Ruhe Frühstück, lese oder höre etwas. Und jetzt mal ganz ehrlich: vor 10:00 Uhr schaffe ich es meistens nicht an den Schreibtisch, denn ich führe morgens den typischen Prokrastinationskampf mit dem Haushalt (zum Beispiel mit der Wäsche, die seit 7 Tagen furztrocken auf dem Ständer hängt). In meiner Vorstellung – jetzt da wir beide zu Hause sind – lassen wir es morgens gemütlich angehen, kuscheln noch ein bisschen, frühstücken gemeinsam. Aber das funktioniert schon deswegen nicht, weil er morgens gerne etwas während dem Frühstück schauen möchte – am liebsten Nachrichten. Die deprimieren mich so früh eher, weswegen ich mir diese meistens für später am Tag aufspare. Nachdem ich meinen Ritualen also treu bleibe und er am Rechner frühstückt, landen wir dann beide irgendwann im gemeinsamen Arbeitszimmer. Ich bin wegen der Massen-Quarantäne so gut wie ununterbrochen in irgendwelchen Zoom- und Skype-Meetings, da meine Arbeit auch sonst viele persönliche Treffen, Telefonate und digitale Meetings beinhaltet. Jetzt teile ich allerdings mein Homeoffice mit einem schweigend arbeitenden Bürokraten. Da liegen die Nerven öfter blank als erwartet.
 

Die Rettung - ich arbeite jetzt öfter in meinem neuen Lieblingscoffeeshop alias der Küche. Self service, versteht sich.  


Dann sind auch unsere Zeiten für Pausen und Nahrungsaufnahme komplett verschieden. Ich frühstücke relativ spät, esse mittags meistens nur eine Kleinigkeit, oft Reste vom Vortag, und gehe lieber noch eine Runde spazieren. Für ihn muss es mittags (und ich zitiere hier) „etwas richtiges zu essen“ sein und danach Mittagsschlaf. Das mit dem Sex in der Mittagspause ist wohl auch eher eine Wunschvorstellung. Ähnlich der Ausbreitung des Coronavirus, steigt auch meine Produktivität exponentiell über den Tag an. Das heißt pünktlich zur täglichen Quarantäne-Kaffeepause meines Partners um 15:30 Uhr bin ich auf meinem Produktivitätshoch und kann mich genau dann nur schwer vom Rechner loseisen. 

Während der Start in den Tag neuerdings so anders verläuft, bleibt am Ende des Tages eigentlich alles wie immer: eine*r von uns kocht, wir kommen so richtig zum ersten Mal beim Abendessen zusammen und erzählen uns, was wir an dem Tag so erlebt haben. Ein hoch auf ein Stückchen Normalität in Zeiten des Dauerausnahmezustands. 

Wir bleiben zuhause...

...mit anderen Menschen oder  auch allein. Was macht das mit uns? Mit unserer Liebe, unseren Beziehungen, unseren Freundschaften?  Wie steht es um Sex in Quarantäne, Dating auf Distanz, Flirten nur noch digital? Absofort jeden Abend Dinner for One oder nur noch Pärchenabend?

Wir - Cosima und Marie - schreiben unter dem Titel “Liebe in Zeiten von Corona” darüber, was wir und andere durch Quarantäne, Kontaktbeschränkung und Social Distancing mit Partner*innen, Familie, Freunden*innen, Affären, Liebhaber*innen und Flirts erleben. Wir wollen über die Herausforderungen reflektieren, Sehnsüchte erkunden, Sorgen teilen, Momente der Isolationsromantik feiern und am Ende auch ein bisschen über uns und den ganz normalen Alltagswahnsinn lachen. 

Die Kolumne erscheint jede Woche Mittwoch und Sonntag auf cusilife.

 
 

Cosima studiert Philosophie und schreibt auf ihrem Blog cusillife über (Selbst-)Liebe und Polyamorie. Marie ist Psychologin und arbeitet als freiberufliche Prozessbegleiterin und Organisationsentwicklerin. Trotz ihrer 5,5 Jahre Altersunterschied haben sie sich früher als Zwillinge in Clubs rein geschmuggelt. Jetzt schreiben sie gemeinsam über die Liebe in Zeiten von Corona.

10 Vorurteile über Polyamorie und was wirklich dran ist

10 Vorurteile über Polyamorie und was wirklich dran ist

Mit 16 habe ich angefangen mich vegetarisch zu ernähren. Meistens musste ich das irgendwie kundtun. 

„Mich outen“.

Auf jeder Grillparty, bei jedem Geburtstag aufs Neue: „Ich esse kein Fleisch.“ 

Nach und nach wusste es dann jede*r, der mich kannte. 

Von Coming Out spricht man eigentlich, wenn eine Person ihre sexuelle Orientierung offenbart, im Fall, wenn sie nicht heterosexuell ist. Oft wird dieses Coming Out als ein einmaliges Event gesehen. Ich habs einmal gesagt und jetzt weiß die Welt, ich bin nicht hetero. 

 Coming Out ist aber ein Prozess, ein sich „immer wieder aufs Neue“ outen.

Nicht weil die Menschen, denen man es gesagt hat, es vergessen (manchmal vielleicht auch).

Sondern weil man immer wieder in neuen Situationen, mit neuen Menschen ist.

Coming Out wird oft nur auf sexuelle Orientierung bezogen. Es lässt sich aber auch auf Beziehungsformen übertragen, die nicht mit der Norm (bei uns monogam) übereinstimmen, wie z.B. eine offene Beziehung oder mehrere Partner*innen zu haben. 

Polyamorie bedeutet mehrere romantische und/oder sexuelle Beziehungen mit dem Wissen und Einverständnis aller Beteiligten zu haben.

Letzte Woche habe ich in der S-Bahn einen Bekannten getroffen. Wir waren eine zeitlang ganz gut befreundet und habe uns dann aus den Augen verloren. 

Wir quatschen ein bisschen. 

Er erzählt mir, dass er einen neuen festen Freund hat und fragt mich: 

Und hast du gerade jemanden?

Ich möchte offen sagen, ja, ich habe zwei feste Freunde und naja manche Beziehungen, die ich habe, lassen sich nicht labeln oder beschreiben. Bevor ich etwas sagen, läuft in meinem Kopf ein innerer Dialog ab. Wie viel möchte ich von mir offenbaren?

Nicht-monogame Beziehungen. Dieser Ausdruck umfasst alle Formen und Abstufungen der Beziehungen, die nicht monogam, also nicht exklusiv nur mit einem Partner*in sind. Darunter fällt auch eine offene Beziehung & Beziehungsanarchie. 

Ich könnte natürlich einfach sagen, ja ich habe wen. 

Das ist nicht gelogen. 

Und trotzdem fühlt es sich nicht ganz ehrlich an. Gleichzeitig möchte ich meine Beziehungsform auch nicht immer thematisieren.

Diese Situationen gibt es immer wieder.
Wenn ich näher mit jemanden ins Gespräch komme und erzähle, wie ich l(i)ebe, werde ich oft mit Fragen und Vorurteilen konfrontiert. Oft mit Interesse, manchmal auch mit Unverständnis und Verurteilung. 

Diese habe ich in letzter Zeit mal gesammelt. Ich habe andere Polys gefragt, welche Vorurteile und Fragen ihnen am häufigsten begegnen.

Und wir wollen mal sehen, was da dran ist 😛 

Die 10 häufigsten Vorurteile über nicht-monogame Beziehungen und was wirklich dran ist 

#1 - Es geht nur um Sex.

Polyamorie ist ein Kunstwort. Es setzt sich zusammen aus griech. poly für viel/vielseitig und lat. amore, was Liebe bedeutet.
Viele lieben. Es geht also nicht nur um Sex, sondern um Liebe. Natürlich kann man nicht nur von einem Wort das Wesen, was es beschreiben soll, ableiten.
Es gibt oft ein Missverständnis darüber, dass man nur eine Person lieben kann, aber mit mehreren Menschen Sex haben. Deswegen wird oft bei dem Gedanken an mehrere Beziehungen daran gedacht, dass es dann nur um Sex gehen kann. Polyamorie richtet sich aber auf langfristig orientierte Beziehungen aus.
Bei einer offenen Beziehung git es eine Hauptbeziehung und man darf Sex mit anderen Personen haben. Bei der Beziehungsanarchie verschwimmen verschiedene Formen von Beziehung und es gibt oft keine Labels. Diese drei Formen können sich natürlich auch überschneiden und sind nicht statisch oder unbedingt voneinander getrennt. Das ist jetzt in aller Kürze formuliert, um einen Eindruck zu geben.
So wie ich nicht-monogame Formen der Liebe erlebe, geht es um Ehrlichkeit, Offenheit, Anerkennen von Bedürfnissen, Transparenz und viel viel viel Kommunikation.

#2 - Wenn man mehrere Beziehungen hat, kann man keine Intimität aufbauen.

Intimität bedeutet für viele Menschen, (sexuell) exklusiv miteinander zu sein. Bestimmte Dinge nur mit einer Person zu teilen. Es gibt allerdings sehr viele verschiedene Formen von Intimität.

Die Basis von Verbindung und Intimität ist Verletzlichkeit.

Wenn du dich vor einer anderen Person verletzlich zeigst, fühlt sich das intim an. Das kann emotionale Verletzlichkeit sein, in dem du deine Gefühle zeigst oder körperliche Intimität, z.B. sich vor einer anderen Person umziehen oder vor ihr pinkeln.

Für mich bedeutet Intimität mich angenommen und akzeptiert zu fühlen, ehrlich sein zu dürfen.

#3 -  Menschen, die polyamor leben sind nicht eifersüchtig

Wie alle anderen Menschen sind auch Polys mal eifersüchtig. Manche mehr, manche weniger.

Eifersucht ist aber auch nur ein Gefühl. Es vergeht wieder.

Menschen, die sich mit der Idee der Polyamorie beschäftigen, wissen, sie müssen sich mit ihrer Eifersucht auseinandersetzten. Sie kann uns unsere Bedürfnisse genauer zeigen.

Warum bin ich gerade eifersüchtig?

Was steckt dahinter?

Wir können in uns reinfühlen und sehen, was wir gerade brauchen. Und dann können wir mit unseren Partner*innen darüber kommunizieren. Eifersucht muss nicht unterdrückt werden.Ich habe gemerkt, wie gut es tut, mir selbst zu sagen, es ist ok auch mal eifersüchtig zu sein. Ich muss daran nichts ändern. Es ist wichtig auf einander zu achten. Wenn es bestimmte Situationen gibt, die beim anderen unangenehme Gefühle auslösen, kann man gemeinsam schauen, wie man in Zukunft damit umgeht. Der Gedanke „Wir machen das zusammen. Du bist nicht alleine mit der Eifersucht.“ hat mir sehr geholfen damit umzugehen.

#4 - Polyamorie ist die Erlaubnis zum Betrügen.

Betrügen wird gleichgesetzt damit, Sex mit einer anderen Person außerhalb der Beziehung zu haben.

Was heißt „sich betrügen“ aber eigentlich?

Man bricht eine Vereinbarung, die man gemeinsam getroffen hat. Wenn man in einer exklusiv monogamen Beziehung ist und dann Sex mit jemand anderen hat, dann bricht man eine Vereinbarung.

Wenn man in seinem nicht-monogamen Beziehungsmodell miteinander vereinbart hat, dass man Sex mit anderen Menschen haben kann, dann ist das eine Vereinbarung, die man bewusst mit einander macht.

Natürlich können auch in einer Polybeziehung Vereinbarungen gebrochen werden. Meiner Erfahrung nach wird das aber selten „betrügen“ genannt. Ich denke, es geht darum herauszufinden, warum das passiert ist und zu sehen, welche Bedürfnisse dahinter stehen und wie man in Zukunft mit der Vereinbarung umgehen will. Ansprüche an Vereinbarungen können sich über die Zeit auch ändern und vielleicht merkt man, dass man die Vereinbarung ändern möchte.

Am Anfang der Beziehung zu einem meiner Partner waren die Vereinbarungen viel klarer und wichtiger. Wir mussten uns erstmal eintunen, sehen was wichtig für uns und unsere Beziehung ist. Vereinbarungen sind immer noch wichtig, aber wir kennen uns schon viel besser und können in bestimmten Situationen besser auf einander eingehen.

#5 - Wenn du jemanden wirklich liebst, möchtest du keine weitere Beziehung.

Wenn du dein Kind wirklich liebst, dann willst du kein zweites. Nach dieser Logik dürfte niemand mehr als einen Menschen, egal in welcher Form lieben.

Liebe muss sich nicht auf eine Person beschränken. Wir lieben viele Menschen in unserem Leben. Nicht alle auf romantische Weise, aber es ist trotzdem Liebe.

Wir erwarten, dass eine Person alle unsere Bedürfnisse erfüllt. Das ist aber sehr unwahrscheinlich und kann großen Druck auf eine Beziehung legen. Es kann sehr befreiend seien anzuerkennen, dass eine Person nicht „perfekt“ sein muss für uns. Sie muss nicht alles erfüllen, was wir uns im Leben wünschen.
Wir können sie aber trotzdem lieben, begehren und in unserem Leben haben wollen.

Natürlich kann es sein, wenn man sich neu in jemanden verliebt, dass diese Person viel Raum einnimmt und man gerade weniger interessiert ist an anderen Menschen. Das nennt man auch NRE - New Relationship Energy.
Ich habe es einerseits als aufregend und bereichernd empfunden, gleichzeitig frisch verliebt sein zu können und diese Vertrautheit und Geborgenheit in meiner anderen Beziehung zu spüren. Und andererseits war das vor allem am Anfang sehr überwältigend und überfordernd.

#6 - Polyamorie heißt keine Sicherheit miteinander zuhaben

Als ich mit meinem Freund zusammen kommen bin, habe ich das sehr oft gehört. Wünscht du dir nicht mehr Sicherheit?

Ich war ziemlich überrascht davon. Für mich hat es sich so sicher, wie noch nie davor mit jemanden angefühlt.
Polyamorie wird manchmal damit verwechselt keine festen Beziehungen mehr zu haben.
Es geht darum langfristige, romantische Beziehungen aufzubauen und das geht nur mit Vertrauen, Verantwortung und Ehrlichkeit.

Ich fühle mich sicher in meinen Beziehungen, weil ich weiß, dass wenn meine Partner jemand anderen kennen lernen, dann ändert das erstmal nichts an unserer Beziehung. Und falls jemand mehr Raum im Leben meiner Partner einnimmt, dann weiß ich das ich informiert werde. Ich bin mit meinen Bedürfnissen und Gefühlen im Prozess dabei. Und natürlich garantiert das auch nicht, dass wir für immer zusammen bleiben.

#7 - Wenn polyamore/offene/… Beziehungen zu Ende gehen, liegt es am Modell.

Stelle dir vor du bist in einer monogamen Beziehung. Sie geht zu Ende und dann sagt jemand zu dir: Hat wohl doch nicht so geklappt mit der Monogamie?
Das klingt komisch oder?
Und so fasse ich es auch auf, wenn jemand das Ende einer Beziehung am Modell (egal welches) fest macht.
Es gibt kein Modell, das für immer zusammen bleiben garantiert. Beziehungen gehen nun mal auch zu Ende. Wir sehen dies oft als Scheitern an. Doch manchmal verändert man sich und die Beziehung, die man hat passt nicht mehr zu einander.
Das heißt aber nicht, dass es am nicht-monogam sein liegt.

#8 - Polyamor leben ist nur eine Phase.

Tricky.

Polyamor sein ist eine Phase? - Ja und Nein.
Ich denke es gibt immer Phasen im Leben. Man probiert Dinge aus. Manche davon begleiten uns länger und andere nicht. Das kann man vorher nicht wissen.

Die Aussage es ist nur eine Phase, beruht auf der Annahme Polyamory ist eine Spinnerei und irgendwann hat man sich ausgesponnen und wird „normal“, wie alle anderen.

Und das stimmt nicht. Es gibt Polykonstellationen, die seit Jahrzehnten zusammen sind.

#9 - Mit Kindern geht das nicht.

Ich habe selber keine Kinder und kann daher nicht aus Erfahrung sprechen. Weiß aber von anderen Familien, dass es auch mit Kindern klappen kann.

"Polyamorie ist eine Idee, so zu leben, dass Kinder mit Vater und Mutter zusammen bleiben können, weil diese sich nicht trennen müssen, wegen anderen Partnern. Gerade durch die heute so verbreitete sukzessive Monogamie werden viele Familien auseinander gerissen. Mein Sohn z.B. lebt mit beiden Eltern unter einem Dach, obwohl wir uns als Mann und Frau schon getrennt haben. Der gemeinschaftliche Aspekt, der im polyamoren Lebensentwurf mitschwingt, ist der Versuch, eine Antwort zu geben, wie Familien neuer Prägung aussehen können.
Unsere Kinder haben im Übrigen kein Problem damit, dass ihre Eltern offen lieben. Sie interessieren sich gar nicht so besonders dafür; wenn überhaupt, finden sie es interessant. Bei unseren befreundeten Gemeinschaften, deren Kinder schon erwachsen sind, habe ich auch keine unangenehmen Auffälligkeiten bemerken können: die Kinder sind selbständig, kreativ und offenbar weniger eifersüchtig als ihre Eltern." von Silvio Wirths Seite über das Polyleben. 

#10 - Polys haben nur noch nicht „den/die Richtige“ gefunden.

Wir werden von dem Ideal geprägt, dass es den einen Menschen für uns gibt. Sobald wir den gefunden haben, ist alles einfach und die Beziehung ist perfekt.
Beziehungen und Menschen sind aber nicht perfekt. Für gute Beziehungen stecken wir Zeit, Energie und Aufmerksamkeit rein.
Was eine gute Beziehung für dich ausmacht, kannst nur du herausfinden. Und ob das mit einer, zwei oder drei Personen ist, kannst du vorher nicht unbedingt wissen.

Alle Antworten sind von mir persönlich (außer #9). Ich bin natürlich nicht repräsentativ für die Poly Community, kann aber einen Eindruck geben. 
Andere Menschen, die nicht-monogam leben, werden die Fragen vielleicht ganz anders beantworten. 

Ich lebe in einem sehr offenen, liebevollem Umfeld und muss mich nicht zu sehr mit Vorurteilen auseinandersetzten. Meistens erlebe ich Interesse. Mir und anderen werden viele Fragen gestellt.
Ich habe schon einige Gespräche erlebt, in denen danach mein*e Gesprächpartner*in ein ganz neues Bild von Polyamory hatte oder z.B. sagt, das ist ja wie bei mir (in einer monogamen Beziehungen 😉 ). 

Ich habe schon ziemlich früh gemerkt, dass ich mir eine andere Beziehungsform vorstellen könnte, als die meisten um mich herum. 

Und doch war es weit weit weg für mich. 

Erst als ich andere Menschen kennen gelernt habe, die ähnliche Vorstellungen haben oder schon Erfahrung mit anderen Beziehungsmodellen, ist das alles für mich erfahrbarer und erlebbarer geworden. 

Ich will die Vielfalt unseres Liebesregensbogens feiern! 
Egal ob bi, straight, gay, pan, poly, mono, asexual, trans, queer, inter,... es ist gut so! 
Du gehörst zum Regenbogen. 

Wenn du ein bisschen Glitzer streuen willst, teile gerne den Artikel. 

STI II: Was tun bei Ansteckung? + 2 Experten*innen im Interview

STI II: Was tun bei Ansteckung? + 2 Experten*innen im Interview

"Dein Ex juckt dich immer noch?" - "Ab zum Arzt!"

Mit verschiedenen Kampagnen hat die Initiative des BZgA¹ "Liebesleben" mehr Aufmerksam auf STIs und HIV gelenkt. Mit lustigen Sprüchen und Zeichnen wurde ein bisschen die Schwere des Themas genommen. 

Und genau das finde ich wichtig: Entspannt über STIs und HIV reden! 

 

Alle Cartoons kannst du dir hier anschauen und runterladen.

Im letzten Artikel habe ich dir einige sexuell übertragbare Krankheiten (STIs) vorgestellt. Du findest dort was über ihre Symptome, Übertragungswege und wie du dich schützen kannst. 

 

Jetzt wollen wir aber mal zu den anderen wichtigen Fragen kommen.

Denn eine Infotafel über STIs hilft nur bedingt. 

Was tun, wenn du denkst du könntest dich angesteckt haben?

Panik! Eh klar oder? - Natürlich nicht.

Wie du im ersten Artikel (STI Teil 1) gesehen hast, sind alle STIs außer HIV heilbar, wenn sie nicht unentdeckt bleiben.
Und auch HIV ist inzwischen behandelbar. Um auf dich und deine Partner*innen zu achten, solltest du mit einer Ärzt/in deines Vertrauen darüber reden. 

Du musst dich nicht schämen. Ganz im Gegenteil. Es zeigt, dass du Verantwortung für dich übernimmst, wenn du zu einem Arzt gehst und über deinen Verdacht ansprichst. Wenn du nicht alleine gehen willst, frag jemanden, den du gerne dabei hättest, ob er oder sie dich begleitet.

Wo kannst du dich Beraten und Testen lassen?

Es ist leider so, dass es in Deutschland nicht so einfach ist, wie in anderen Ländern sich vorsorglich regelmäßig auf STIs testen zu lassen. Du kannst dich z.B. bei deinem Hausarzt, deinem Gynäkologen oder Urologen auf unterschiedliche Krankheiten testen lassen. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse leider nicht. Falls du bereits Anzeichen oder Symptome zeigst, übernimmt die Krankenkasse im Normalfall den Test und die Behandlung. HI-Viren können erst (je nach Test) 6 Wochen-6 Monate nach der Ansteckung nachgewiesen werden. Daher ist in solch einem Fall oft ein mehrmaliges testen nötig. 
In verschiedenen Gesundheitzentren- oder Ämtern gibt es offene Sprechstunden oder Termine für STIs-Beratung und Tests.
Hier findest du eine Karte mit einer Übersicht.  
Hier findest du eine Onlineberatung. 

Für Frauen unter 25 wird 1x im Jahr kostenlos auf Chlamydien getestet.

Wenn du dich angesteckt hast, solltest du je nach STI erstmal keinen Sex haben, bis die Behandlung zu Ende ist. Auch dazu kannst du gezielt nochmal mit deiner Ärzt/in sprechen. 

 

STIs in monogamen Beziehungen? 

Dein Partner/in hat eine Geschlechtskrankheit, obwohl ihr in einer monogamen Beziehung seid? - Das kann nur eins heißen: er oder sie hat dich betrogen.
Nein, nicht unbedingt! STIs können über Monate unentdeckt bleiben und so aus einer vorherigen Beziehungen oder einem sexuellen Kontakt „mitgebracht“ werden  und erst später bemerkt werden.
Herbes z.B. kann immer wieder auftreten ohne erneuten Kontakt mit dem Virus zu haben.
Sprecht mit einander und zieht keine voreiligen Schlüsse. 

 

 

STIs in polyamoren/offenen Beziehungen: 

Das Risiko sich mit einer STI anzustecken steigt natürlich, wenn man mehrere Partner hat mit denen man sexuell ist. Doch gerade hier ist es umso wichtiger einen offenen Umgang mit den Thema zu lernen! Sprecht mit einander ab, wie ihr ungeschützten Sex  innerhalb der verschiedenen Beziehungen handhaben wollt. 

Hier 3 Tipps um entspannter mit dem Thema STIs umzugehen: 

 

1) Lasst euch zusammen testen - Macht ein Date daraus. Zum Arzt gehen klingt nicht so romantisch? - Klar, aber zusammen macht es trotzdem mehr Spaß. Ihr könnt total verliebt, verklemmt im Wartezimmer sitzen und das ganze gemeinsam erleben.

2) Redet darüber - Es ist schwer, aber es wird einfacher mit der Zeit. Besonders hilft mir mich daran zu erinnern, dass es mir wichtig ist, offen darüber reden zu können und ich mir das auch von meinem Partner/in wünsche.
Fragen können sein:

  • Wann hast du dich das letzte Mal testen lassen?
  • Hattest du seit dem ungeschützten Sex mit jemanden?
  • Sprichst du mit anderen Partnern darüber?

Es soll natürlich kein Verhör sein. Es geht um die Gesundheit von euch beiden. Lasst da nicht locker. 

3) Verurteilung und Glaubenssätze loslassen
"Wenn ich ein Kondom benutzen will, versaut das die Stimmung." "STIs bekommen nur Menschen, die viele verschiedene Partner haben."
Das habe ich schon oft gehört. Hinterfrage deine Gedanken über STIs. Das Thema kann einen unter Druck setzten. Verurteil dich nicht, wenn es dir noch schwer fällt darüber zu reden oder wenn du bestimmte Glaubenssätze über STIs hast. Aber lass dich nicht davon abbringen, auf deine Gesundheit zu achten! Das Thema geht jeden und jede etwas an, der Sex hat. 

 

Warum ist das Thema wichtig?

„Die Zahl der sexuell übertragbaren Infektionen ist in den letzten Jahren weltweit, aber auch in Europa und Deutschland deutlich gestiegen.“ ²

Zum Beispiel wird geschätzt, dass sich pro Jahr ca. 1 Million Menschen neu mit Chlamydia in Deutschland anstecken. Bei HIV liegt die Neuansteckungsrate bei ca. 2.000 Menschen pro Jahr!

Meine erste Hefepilzinfektion hatte sich nicht durch Sex Übertragung, sondern ist gekommen, nach dem ich Antibiotikum genommen hatte. Doch ich erinnere mich noch, wie unangenehm mir das war. Ich wusste nicht, dass sowas ganz normal ist (vor allem nach Einnahme von Antibiotikum).
Ich wünsche mir, dass mehr Menschen über STIs Bescheid wissen, sich schützen und darüber reden!
Es gibt auch sonst noch einige Mythen über STIs, z.B. im Zusammenhang mit Hygiene. 

Ich kann die Seite liebesleben.de wirklich empfehlen. Es wird sehr offen und ermutigend über das Thema Safer Sex, Liebe, Beziehungen, sexuelle Orientierung & Coming Out geschrieben. 

 

STI_Interview

Nachgefragt

2 Expert*innen im Interview

Jetzt möchte ich noch  Dr. med. Jutta Pliefke (Fachärtzin für Gynäkologie bei profamilia Berlin) und
Daniel Nagel ( Vorsitzender vom Jugend gegen Aids e.V.) 
 zu Wort kommen lassen. 

Frau Dr. Pliefke, schön, dass Sie sich Zeit nehmen für meine Fragen.
Vielen Menschen fällt es noch schwer über STIs zu sprechen. Wenn sich jemand schämt darüber zu reden, was können Sie ihm oder ihr sagen?

 Es ist ein Thema, dass wenig öffentlich besprochen wird. Es gibt viele schlechte oder falsche Informationen darüber.
Viele Menschen verbinden STIs immer noch damit, etwas falsch gemacht zu haben. Allerdings sind STIs ein weites Feld. Manche kommen häufiger vor als andere, z.B. Chlamydien. Dabei gibt es auch keinen 100%igen Schutz. Wenn man Sex hat, dann kann es mal passieren, dass man sich mit einer STI ansteckt. Auch das ist nicht so schlimm. Wenn man sich informiert und weiß, was für Symptome es geben kann, kann man zu einem Arzt oder einer Beratungsstelle gehen, falls man den Verdacht hat sich angesteckt zu haben. Wenn man zu einem Arzt geht, wird dort alles vertraulich behandelt und es gibt keinen Grund sich zu schämen.

Wenn ich einen Verdacht habe, mich mit einer STI oder HIV angesteckt zu haben, übernimmt die Krankenkasse dann die Tests dafür, wie bei einer anderen Untersuchung?

Es gibt in Deutschland keine Routineuntersuchung für STIs. Das ist schade. Das ist in anderen Ländern anders.
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Untersuchung, sobald Beschwerden oder Symptome auftreten. Allerdings wird keine Screeninguntersuchung übernommen. Das muss privat bezahlt werden. Je nach Einrichtung kostet ein HIV aber weniger als 20€. Für Frauen unter 25 wird einmal im Jahr ein Test auf Chlamydien übernommen. Für Männer ist es einfacher einen HIV Test umsonst/günstiger zu bekommen. Es gibt z.B. HIV Sprechstunden bei Beratungsstellen. Dort kann der Test auch anonym abgegeben werden. Es sind keine „Allrounder“ Test möglich, da unterschiedliche STIs auf verschiedene Weise untersucht werden (z.B. Abstrich, Urin, Blutuntersuchung)

Hat sich Ihrem Eindruck nach, der Umgang mit STIs in den letzten 10 Jahren geändert?

Ja und Nein. Insgesamt hat sich bei manchen Krankheiten etwas getan. Zum Beispiel weiß man jetzt, dass HPV und Chlamydien häufiger vorkommen als man dachte und hat das Screening für Frauen unter 25 zu Chlamydien eingeführt. Doch grundsätzlich gibt es immer noch sehr viele Informationslücken.
Auch das Internet ist das eine zweischneide Sache. Es gibt viele Informationen, aber auch einiges was nicht stimmt oder einen eher verunsichert.
Verlässliche Seiten sind z.B. bzga.de oder www.liebesleben.de

Es werden gerade neue Heimtest für HIV vom Bundesgesundheitsministerium geprüft, die anscheinend sehr viel zuverlässiger sein sollen als frühere Modelle. Was halten Sie von solchen Heimtests, die man in der Apotheke kaufen kann?³ 

Das hat auch zwei Seiten. Es gibt diese Schnelltests und die sind auch relativ verlässlich. Wenn man damit Leute erreicht, die man sonst nicht erreichen kann, ist das immer ein Vorteil. Es kann auch dazu führen, dass keine Behandlung in Anspruch genommen wird oder falsche Behandlung, wenn man nicht gleich mit einem Arzt spricht. Solch eine Situation kann sehr belastend sein, wenn man keine Beratungsperson hat. Doch wenn dadurch mehr Menschen wissen, dass sie HIV+ sind, ist das natürlich gut. 

Was finden Sie bei dem Thema sonst noch wichtig?

Es ist nötig darüber zu sprechen, was heißt safer sex eigentlich. Durch die unterschiedlichen Übertragungswege von STIs ist es wichtig zu wissen, wie man sich am besten Schützen kann. Dabei ist das Kondom natürlich eine wichtige Möglichkeit. Doch bei Herpes kann auch ein Kondom nicht unbedingt schützen, wenn man mit offenen Hautstellen oder Schleimhäuten im Mund bei Oralverkehr an die Herpesbläschen kommt.

Experteninterview #2 mit Daniel Nagel, Vorsitzender von Jugend gegen Aids e.V.

An meinem ersten Tag an der Uni bin ich noch leicht verwirrt über den Campus gestratzt. Ich wollte eigentlich zur Mensa. Bin dann aber über das Jugend gegen Aids Team gestolpert und dachte mir: Mit denen quatsch ich mal. Weil ich über Sex reden nicht nur für mich wichtig finde, sondern für alle, die Sex haben (oder auch nicht haben 😉 ) gibts hier noch ein Interview für euch: 

Daniel, was macht ihr als Verein genau?

Wir setzen uns für eine aufgeklärte Gesellschaft für heute und morgen ein, in der Sexualität niemals ein Grund für Ausgrenzung, Angst und Stigma ist. Das heißt, dass wir Schulworkshops geben und Jugendliche dort erreichen, wo sie auch sind: Bei Social Media, auf Festivals oder eben in der Schule und auf dem Campus.

 

Wie erlebst du den Umgang mit dem Thema STIs, HIV und safer sex bei Jugendlichen? Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?

Das ist sehr unterschiedlich. Aber generell ist AIDS für die Jugend in Deutschland extrem weit weg, andere sexuell übertragbare Krankheiten sind kaum bekannt. Ich würde mir wünschen, dass niemand mehr bei Syphillis an ein Pokémon denkt und wir uns alle vor STI’s schützen. Das geht oft leichter als man denkt - mit einem Kondom.

Ihr habt gerade eine Kooperation mit Mate Mate und seid auf Tour an verschiedenen Unis. Wie läuft das bisher? Wie reagieren die Menschen auf eure Aktionen?

Wir sind sehr zufrieden mit unserer Campus Tour. Viele Studenten reagieren sehr interessiert und unterhalten sich mit uns bei einer Flasche Mate Mate über sexuell übertragbare Krankheiten, aber auch andere Themen wie Body Issues oder Nacktfotos. Sex ist heute so präsent wie nie, und dennoch ist der Umgang oft nicht offen genug. Viele junge Menschen wünschen sich einen Ansprechpartner, dann kommen wir ins Spiel.

Ganz ehrlich: Manchmal kann das ganz schön schwierig sein über STIs und safer sex zu reden. Es wird einfacher mit der Zeit, aber was hast du für Tipps für uns?

Findest Du? Sex gehört immerhin zu den schönsten Dingen der Welt, und wenn er Safe ist, gibt es keine unschönen Überraschungen. Unangenehm sind sexuell übertragbare Krankheiten, aber diese können verhindert werden. Bei One Night Stands solltet ihr immer ein Kondom verwenden. Bevor ihr ungeschützten Sex habt, solltet ihr euch bei einem Arzt checken lassen. Denn die Pille verhindert keine STI’s, wie manche vielleicht denken.

Wie bist du persönlich dazu gekommen, dich für safer sex und Aufklärungsarbeit zum Thema Sex, zu engagieren?

Ich kann mich an meinen Sexualkunde-Unterricht fast nicht mehr erinnern. Das waren 45 Minuten in der 7. Klasse, danach kam nie mehr etwas. Obwohl ich mich selbst als aufgeklärt bezeichnet hätte, habe ich bei Jugend gegen AIDS sehr viel gelernt. Wusstest Du, dass laut unserer gemeinsamen Umfrage mit Lovoo ein Drittel der deutschen Jugendlichen nicht verhütet? Das sollte Motivation genug sein, sich zu engagieren.

Wenn jetzt jemand auch Bock hat bei euch mit zu machen. Welche Möglichkeiten gibt es da?

Bei uns kann jeder junge Mensch zwischen 14 und 26 Jahren mitmachen, der auf unsere Arbeit Lust hat. Das Schöne ist, dass sich bei uns jeder mit seinen Stärken einbringen kann. Wir haben Schreiberlinge, Bio-Experten, IT-Nerds oder Handwerker, die anpacken können. Besonders ist, dass wir mehrmals im Jahr in unserer Academy Peers ausbilden, die später an Schulen Aufklärungs-Workshops geben. Aber auch so freuen wir uns immer über Helfer an Ständen bei unseren Events oder Festivals in Deutschland, Österreich oder Schweiz. Am besten ihr schreibt uns einfach bei Social Media oder meldet euch auf unserer Website an: www.jugend-gegen-aids.de

Was möchtest du uns sonst noch mit geben?

Do what you want. Do it with love, respect and condoms.

Eieiei - Ganz schön viel zu lesen oder? 

Danke, dass du bis zum Ende durchgehalten hast. 

Du willst auch, dass deine Freundinnen und Freunde mehr wissen über STIs?

Dann teile jetzt den Artikel! 

Much love. With condoms. 

¹ BZgA: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
² Quelle: Broschüre "Safer Sex" von Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
³ Quelle: http://www.br.de/nachrichten/neuer-hiv-schnelltest-aids-100.html)
Bilder Interview mit Daniel by Deniz Saylan
Beitragsbild by Zineta
Was wolltest du schon immer über Sex wissen? – Interview mit einer Sexualtherapeutin  Part II

Was wolltest du schon immer über Sex wissen? – Interview mit einer Sexualtherapeutin Part II

 

„Das ist das Tabu der heutigen Zeit: keinen Sex zu haben.“

Letze Woche wurden schon acht Fragen zum Thema Sexualität von Gerlinde Harth beantwortet.
Sie ist Sexualtherapeutin in Würzburg und ich durfte ihr einige Fragen stellen.

Wenn du den ersten Teil noch nicht gelesen hast, dann kannst du das hier machen.
Weiter geht’s mit den nächsten zehn Fragen:

 

Die Gesellschaft polarisiert bei den Themen Sexualität, Beziehung und Liebe sehr zwischen den Geschlechtern. Welche Unterschiede gibt es da wirklich?
Zum Beispiel beim Trennen von romantischen Gefühl &Sex.

Das ist ein weites Feld und die Meinungen gehen oft weit auseinander.
Untersuchungen aus Studien haben ergeben, dass es kaum Unterschiede gibt zwischen Männern und Frauen gibt, beim Trennen von romantischen Gefühlen und Sex. Wir haben so eine Bandbreite an unterschiedlichen Menschen, da gibt weniger Unterschiede zwischen den Geschlechtern, als uns die Gesellschaft oft glauben machen will.
Das wäre jetzt auch mein subjektiver Eindruck.

 

Ich erlebe oft, dass „Sex“ (Penetration) das Ziel, einer Begegnung, darstellt. Das empfinde ich manchmal als belastend und habe dann auf gar nichts mehr Lust.
Wieso sind wir so zielorientiert und wie können wir da auch andere Wege gehen?

Grundsätzlich erlebe ich dieses Ziel als nicht problematisch für viele. Meistens wünschen sich beide, dass am Ende eine innige und angenehme Penetration möglich ist, weil es eine noch tiefere Verschmelzung der Körper und der Seele bedeutet.
Allerdings kommt es zu Problemen, wenn ein Muss dahintersteht, genauso, wenn man einen Orgasmus(s) haben muss. Liebe und Sexualität sind Kinder der Freiheit.
Manchmal verhänge ich (mit Augenzwinkern) für Paare ein „Koitus-Verbot“. Alles andere ist aber erlaubt. Daraus entsteht oft eine neue Aufregung und Spannung, wieder zu entdecken, was sonst alles möglich ist und Spaß machen kann.

 

Wenn ich jemanden wirklich toll finde, charakterlich, vom Aussehen und dann passt es aber im Bett einfach nicht zusammen. Wie geht man mit dem Moment um, wenn die Magic auf einmal weg ist, beim ersten Kuss oder Körperkontakt. Macht es Sinn sich da gemeinsam anzunähern oder es einfach sein zu lassen?

Ich glaube es gibt schon ein gewisses Maß an Kompatibilität, sozusagen „für einander geschaffen sein“. Neben dem Aussehen oder dem Charakter gibt es auch noch Dinge, die uns anziehen. Wir verstehen noch nicht gänzlich, wie verschiedene Hormone oder Pheromone wirken und uns beeinflussen, wenn wir anziehend finden oder nicht. Wenn die Magie beim erstes Kuss oder weiteren Berührungen weg ist, dann glaube ich nicht, dass die später auf einmal kommt. Aber, wenn man sich trotzdem gut versteht, kann daraus ja eine schöne Freundschaft werden.

 

Wenn jemand eine Grenze überschreitet, wie spreche ich das am besten an?

Wichtig ist zu betonen, dass du das Verhalten und nicht die Person missbilligst.
Man kann z.B. sagen: „Ich möchte dir etwas sagen, dass mich beschäftigt, möchte aber betonen, dass es um dein Verhalten geht und nicht um dich als Person.“

 

Wie kann man jemandem auch ohne dem laut Stöhnen die nötige Sicherheit vermitteln, dass er gut im Sex ist? Einer Freundin von mir wurde gesagt sie sei zu leise. Sie hat aber trotzdem ihren Spaß, aber Männer, die sie nicht gut kennen sind dann verunsichert.

Nicht nur mit lautem Stöhnen kann man jemanden zeigen, dass es Spaß macht. Wenn man als Person präsent ist, Augenkontakt hat, mit einander spricht, auch mal lacht, dann merkt man eigentlich, ob die andere Person genießen kann. Auch da ist Kommunikation wichtig. Verbal, aber auch mit dem ganzen Körper.

 

Viele Frauen hatten noch nie einen Orgasmus und glauben das sie es einfach nicht können. Kann man es trainieren einen Orgasmus zu haben?

Tatsächlich ist es so, dass einige Frauen noch nie einen Orgasmus hatten. Doch normalerweise rein anatomisch kann jede Frau einen Orgasmus haben, wegen der Existenz der Klitoris. Psychologisch kommen da aber noch weitere Aspekte dazu. Wenn das „nicht haben eines Orgasmus“ nicht thematisiert wird, zieht sich das meistens über Jahre.

Trainieren kann man das vor allem durch Selbstbefriedigung und den eigenen Körper kennen lernen. Manchmal hängt es auch damit zusammen, dass sich eine Frau nicht fallen lassen kann durch Gewalterfahrung oder Missbrauch oder Angst vor dem Kontrollverlust hat, in dem Moment der Ekstase eines Orgasmus.
Hier kann man langsam daran arbeiten, sich selbst zu trauen, die Kontrolle abzugehen und sich verletzlich zu zeigen.

Wenn ich etwas Neues ausprobieren möchte? – Wie taste ich mich am besten ran?

Am besten erstmal den Partner fragen: Gibt es etwas, was du gerne ausprobieren möchtest?
Außerdem sollte man sich überlegen, welche Gründe dahinter stecken, etwas neues auszuprobieren. Macht man es, weil jemand anders davon vor geschwärmt hat und man das Gefühl hat, mithalten zu müssen oder fragt man, weil man wirklich einen Wunsch hat und neugierig ist. Wenn man weiß, warum man etwas ausprobieren will, ist es einfacher, das dem Partner zu kommunizieren.

 

Wie kann ich meinen Partner eröffnen,
dass ich eine offene Beziehung möchte oder polyamor bin?

Wenn das während der Beziehung aufkommt, kann man betonen, dass es auch für einen selbst ein Experiment ist. Wichtig ist offen zu besprechen, was man in der anderen Beziehung bekommt, was man vielleicht vermisst und versuchen, den Partner mit einzubinden in den Prozess. Es geht ja darum, gemeinsam etwas auszuprobieren.
Falls du das schon vorher weißt, am besten so früh, wie möglich mit offenen Karten spielen und vielleicht von bisherigen positiven Erfahrungen erzählen.

→ Hier findest du einen Blogposts über Polyamorie

 

Kannst du uns noch eine Übung erklären, die man gemeinsam oder alleine ausprobieren kann?

Ja gerne. Das ISS – ideales sexuelles Szenario.
Das mache ich mit vielen Paaren.
Jeder soll sein ISS aufschreiben. Wenn er ganz frei wäre und nur die eigenen Wünsche und Fantasien beachten soll, was würde dabei rauskommen. Jeder ist auch ganz frei, wie ausführlich oder in welcher Form er das aufschreibt.
Danach setzt man sich zusammen und entscheidet, was damit passiert.
Nur einer zeigt, oder liest vor, oder man liest es gegenseitig laut oder leise.
Oder es wird nicht offenbart und bleibt ein Geheimnis. Aber auch dadurch kann sich eine Dynamik verändert, z.B. das der Partner neugieriger wird.
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Willst du sonst noch etwas mit uns teilen?

Sexualität ist eine tolle Methode sich selbst lebenslang kennen zu lernen. Es ist ein Spiegel für uns. So lange der Mensch lebt, ist er ein sexuelles Wesen.
Wir entwickeln uns immer weiter und Sexualität kann etwas Tolles sein, dass uns viel über uns selbst zeigt.

 

 

Danke dir, Gerlinde, dass du dir Zeit genommen hast für das Interview.

Hier gehts zum ersten Teil.

 

Hast du dir schon das Video zu den „Five S of Sexuality“ angeschaut?
Trag dich hier in den Glücksletter ein und schau es dir an.

 

 

Gerne kannst du Kontakt mit Gerlinde aufnehmen:
Telefonnummer: 0172/6425555.
Oder du kannst bei der Praxis vorbei schauen:
Oeggstraße 3, 1 Stock
97070 Würzburg

 

Love,
Cosima

 

*  alle Formen von Personen, sind auf alle Geschlechter bezogen

 

 

Liebe, wie du willst – Interview zu Polyamorie

Liebe, wie du willst – Interview zu Polyamorie

polyamorie lieben

Was ist die Natur des Menschen?
Das ist oft die Frage, die gestellt wird, wenn es um Beziehungen geht.
Monogamie oder Polyamorie?
Was entspricht unserem Wesen? Was ist „normal“? 

Das nervt mich. Denn es impliziert, dass es am Ende einen richtigen Weg gibt, wie es „wirklich“ geht.
Welche Beziehungsform gut für den Menschen ist. Diese Herangehensweise nimmt an, dass wir alle gleich sind.

Ich glaube aber, dass wir alle unterschiedlich sind
und das wir erstmal das Übernehmen, was wir kennen gelernt haben.

 

Doch manchmal merken wir, dass das was wir kennen gelernt haben
nicht unbedingt das richtige für uns ist.
Das heißt nicht, dass es allen Menschen so geht.

 

Die Diskussion über Polyamorie und Monogamie zeigt, dass Menschen mehr und mehr anfangen zu fragen, ist das was gerade als „normal“ gilt, das richtige für mich. Und welche andere Formen von Beziehungen zu Menschen gibt es, die vielleicht besser zu mir passen?

„Polyamorie (Kunstwort aus griechisch πολύς polýs „viel, mehrere“ und lateinisch amor „Liebe“) ist ein Oberbegriff für die Praxis, mehr als einen Menschen zur selben Zeit zu lieben. Dies geschieht mit vollem Wissen und dem Einverständnis aller beteiligten Partner.“ ¹

Ich konnte mich noch nie richtig mit dem Gedanken einer monogamen, heteronormative Beziehung identifizieren und gleichzeitig hatte ich den Wunsch danach, weil es das war, was ich kannte.
Weil es das war, was ich als erstrebenswert empfunden habe.
Ich kannte keine Menschen, die andere Beziehungskonzepte lebten und konnte mir nicht vorstellen, wie das funktioniert.

 

Inzwischen durfte ich viele Menschen kennen lernen, die abseits der monogamen, hetero Beziehung leben.
Mein Verständnis von Beziehung, Intimität, Sex, Liebe, Verliebt sein, Vertrauen und Ehrlichkeit hat sich sehr verändert, seit ich mehr auf mich höre und das was ich will, anstatt mich selbst in ein Konzept zu pressen, dass vielleicht für viele Menschen funktioniert, aber sich für mich nicht richtig anfühlt. 

 

So here I am. Living polyamorous. Und ich inzwischen kann ich offen damit umgehen. Ich habe keine Angst mehr verurteilt zu werden, weil ich weiß, es geht darum, ehrlich zu sein: zu mir und zu anderen.

 

Das Studentenradio in München hat
ein Interview mit mir zu dem Thema gemacht.

Der eigentlich Beitrag ist leider nur 2 Minuten lang und ich dachte mir, ich hab ja jetzt meine eigene Plattform, um darüber zu quatschen 😉

 

1. Seit wann lebst du polyamor

 

 

2. Was bedeutet es für dich polyamor zu leben?

 

3. Wie gehen monogame Freunde damit um?

 

 

4. Wie war es von dem monogamen Beziehungsmodell in ein polyamores zu wechsel für dich? Befreiend?

 

 

5. Auf welchem Weg bist du mit der Polyamorie in Kontakt gekommen?

 

 

6. Welchen Rat würdest du jemanden geben der sich für Polyamorie entscheidet, wo findet er Kontakt?

 

7. Wie sieht das Leben in einer polyamoren Beziehung aus?

 

 

Es gäbe noch sehr viel dazu zu sagen. Ist es nicht eins der schönsten Dinge über die Liebe zu philosophieren? ♥
Vor kurzem habe ich Kimchi Cuddels entdeckt. Ein wunderbares Mädchen hat mir den Comic „Ask me about polyamory“ geschenkt. Es kam genau zum richtigen Zeitpunkt in mein Leben. Es hat mich zum Lachen gebracht und mir viel geholfen, zu verstehen, dass eine Beziehung nicht richtig, falsch oder echt sein kann.
Sondern es ist das was es ist und alle involvierten Personen gestalten die Beziehung, so wie es sich gut anfühlt für alle. Ich will dich ermutigen, zu leben und zu lieben, dass du die beste Version von dir bist.
Welche Erfahrung hast du mit dem Thema gemacht?
Hast du noch Fragen? – Dann schreib mir oder poste es in die Kommentare.

Mit Liebe 
Cosima ♥

 

¹ Definition Wikipedia 

© Foto Psychedelic Theatre Berlin