Ich rufe dich an, ich schreibe dir Nachrichten und
manchmal denke ich an dich ohne dass du es weißt.
Wenn ich über uns nach denke, sage ich, ich hab los gelassen, aber wenn ich mich beim reden beobachte und meinen Körper fühle, dann weiß ich das ist gelogen.
Es ist ein Wunsch.
Ich will endlich die Vergangenheit gut sein lassen, ich will weiter gehen.
Ich will uns abschließen. Lange Zeit dachte ich, dass geht nur mit dir gemeinsam.
Ich dachte, ich muss dich sehen, mit dir sprechen, dir meine verdrängte Wut und Trauer um die Ohren hauen, um dich im nächsten Moment, um deine vertraute Schulter zu bitten.
Jetzt weiß ich, ich kann mir und dir verzeihen.
Ich kann alles loslassen im Guten ohne dich.
Ich habe die Macht darüber.
Es wäre schön und hilfreich dich zu Treffen. Ich würde Fragen stellen, ich würde Träne weinen, die damals nicht gesehen wurden. Ich würde dir nochmal die Liebe schenken, die ich fühle, wenn ich an uns denke.
Diese Bitterkeit, die ich empfinde,
vergiftet meine Erinnerung an uns.
Was haben wir gelacht, geteilt, geredet. Nächte lang Geheimnisse erzählt, unsere Zukunft ausgemalt, Zettel im Unterricht geschrieben, Gute Nacht SMS und Karten aus jedem Urlaub geschickt.
Ich bin eifersüchtig, weil du mit anderen Menschen Kontakt hältst, obwohl ich weiß, dass uns nicht mehr viel verbindet. Ich bin gekränkt, weil du mich nicht mehr zu deinem Geburtstag einlädtst. Wieso auch? Wir reden nicht mehr mit einander.
Wenn ich jetzt an uns denke, kann ich den Gedanken nicht unterdrücken, dass ich glaube du hasst mich. Deine Familie hasst mich. Ich fühle mich auf der Richterbank ohne Möglichkeit in den Zeugenstand zu treten.
Ich will schreien, dass ich dich geliebt habe,
dass das hier ungerecht ist,
dass du mit mir reden und mir vergeben musst.
Aber nein, das musst du nicht.
Das weiß ich jetzt und ich akzeptiere es.
Ich vergebe mir und dir.
Für alles, was wir getan und gesagt haben, was Schmerz ausgelöst hat.
Ich habe gelernt und viel für meinen Weg mit genommen.
Ich wünschte mir nicht es wäre anders,
denn dieses Loslassen ist wichtig für mich.
Insgeheim weiß ich, dass diese Bitterkeit nur in meinem Kopf und Herzen ist.
Sie ist nicht zwischen uns. Ich wollte dir die Schuld dafür geben, dass ich mir nicht vergeben konnte.
Wenn ich dir jetzt eine Nachricht schreibe, dann ganz selbstlos. Es ist nicht wichtig ob du antwortest. Wenn ich etwas sehe, was mich an dich erinnert und ich es dir mitteilen will, dann mache ich das.
Wenn ich jetzt von dir rede, lächle ich, ich bedanke mich bei mir selbst. Ich sehe den langen Weg, den ich gegangen bin, um an diesen Punkt zu kommen. Ein kleiner Teil von mir wünscht sich dir meine Gedanken dazu zu offenbaren, unter der Decke mit Taschenlampe, so wie früher. Doch die Bitterkeit ist weg und ich kann wieder atmen.
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Vielleicht denkst du, dass es sich hier um das Ende einer romantischen Beziehung handelt.
Es ist die Geschichte von mir und meiner besten Freundin während der Schulzeit. Schon während des letzten Schuljahres haben wir uns immer weiter von einander entfernt. Danach hatten wir immer mal wieder Phasen mit gutem Kontakt. Ich habe jedoch gemerkt, wie viel ungesagtes und ungeklärtes zwischen uns steht. Ich hab mich immer wieder unverstanden gefühlt.
Ich wünsche mir, dass es ihr gut geht. Ich wünsche mir, dass sie auch los lassen kann. Vielleicht hat sie das schon längst.
Ich fühle mich erleichtert. Als hätte ich viele kleine Steine in meinem Rucksack gefunden, und sie nach und nach abgeworfen. Es tut gut ehrlich zu sein.
Das braucht Zeit und Empathie dir selbst gegenüber.
Es ist ok wütend und traurig zu sein.
Du kannst loslassen.
… was für ein persönlicher Text. Ein wenig zittrig hat meine Hand auf ‚Veröffentlichen‘ geklickt.
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Gedanken und Gefühle zu lesen.
Hast du dich wieder gefunden? Kennst du ähnliche Situationen?
Schreibe mir gerne was du denkst.
Cosima
Liebe Cosima,
der Text ist wirklich sehr persönlich und es ist mutig, dass du deine Gefühle und Gedanken hier teilst. In der Grundschule und während der Unterstufe hatte ich auch eine beste Freundin, an der ich sehr hing und die sich dann von einem Tag auf den anderen neue Freunde hatte und sich mir gegenüber sehr distanziert verhielt. Ich hatte (und habe) immer noch keine Ahnung, was damals eigentlich vorgefallen ist, ob es einen Grund für den Bruch gab, wir hatten uns nicht gestritten und auch sonst war nichts Außergewöhnliches vorgefallen. Das hat mich damals sehr traurig gemacht, ich saß tagelang in einer Hängematte auf dem Dachboden und grübelte nach, war abwechselnd wütend und traurig, und schloss mich in der großen Pause auf den Toiletten ein, weil ich nicht ohne sie auf dem Schulhof rumstehen wollte. Und hier hast du Recht, man muss lernen, loszulassen und sich nicht emotional von dem Verhalten anderer Menschen so beeinträchtigen zu lassen. Man kann niemanden dazu zwingen, die Dinge so zu sehen wie man selbst oder mit jemandem befreundet zu sein. Auch gerade erlebe ich mit, wie ein alter Freundeskreis sich auflöst und sich alle gegen eine gute Freundin wenden, weil sie ihr Verhalten nicht nachvollziehen können und es missbilligen. Diese Freundin ist deshalb am Boden zerstört. Ich versuche es so zu halten: Wenn Leute mich traurig machen oder runter ziehen, wenn ich merke, dass es einfach nicht (mehr) passt, dann lasse ich sie im Kopf los und kappe die emotionale Verbindung, so dass ich ihnen wieder objektiv gegenüber treten kann, ohne Erwartung und ohne Vorwurf. Das ist schwierig, gerade weil man sich ja doch oft im Hinterkopf fragt, was die oder der andere über einen denkt, aber ich denke, man kann es üben, so wie du es über Monate und Jahre mit deiner Freundin getan hast.
Es freut mich, dass eure Beziehung dich jetzt nicht mehr belastet – und für alles, das geht, kommt ja auch etwas Neues 🙂
Umarmung, Anja
Liebe Anja,
ich danke dir voll, dass du auch so eine persönliche Geschichte erzählst
und ich merke, dass ich mit meinen Gefühlen und Erfahrungen nicht alleine bin.
Wie du sagst, es ist manchmal nicht leicht Vorwürfe und Verletzungen loszulassen und
nicht negative Gefühle und wie ich es genannt habe Bitterkeit gegen eine andere Person
zu hegen…
Wie du am Ende so schön sagst, wir verändern uns ja auch und somit auch unser Umfeld unsere Freundschaften
und das ist auch wenn es wehtut, schön 🙂
Ich umarme dich zurück
Cosima
Liebe Cosima,
danke für deine Offenheit, die Du in deinen Einträgen zeigst. Ich weiß wie schwer es ist, so persönliche Themen nach außen zu tragen. Und diesen Post fand ich wirklich sehr gelungen, denn jeder kann sich irgendwie darin wiederfinden. Ich selbst hab noch keine Person so „verloren“ wie Du, aber ich habe immer wieder Streitsituationen mit Freunden oder auch Familienmitgliedern erlebt, so wie eben die meisten Menschen 😉 Und auch ich habe gemerkt, dass es hilft, dann loszulassen oder es zumindest zu versuchen. Vom Streitpunkt. Nicht mehr unbedingt eine Lösung finden zu wollen. Oder Kritikpunkte am Anderen oder einem selbst. Sondern Vergebung zu versuchen. Dann ist es leichter wieder aufeinander zuzugehen, mit positiven Gedanken und einem Lächeln 🙂
Liebe Kathrin,
danke dir für deinen Kommentar.
Da sprichst du was sehr wahres an. Ein wichtiger Gedanken sich wirklich zu fragen
was will ich? Ist es mir wichtiger „Recht“ zu haben oder die andere Person zu überzeugen oder
will ich mich eigentlich nur verstanden fühlen und wieder näher mit der anderen Person
zusammen kommen.
Liebste Grüße dir
Cosima
Liebe Cosima,
Was für ein schöner Text. Schreiben hilft. Egal, ob man nur für sich selbst oder tatsächlich für oder an die andere schreibt. So geht es mir zumindest. Dies ist auch eines meiner Hilfsmittel und ich habe bisher gute Erfahrungen damit gemacht, weil es die eigenen Gedanken und Gefühle klar vor Augen führt. Und dann liest man den Text mit den Augen der anderen und sieht vielleicht sogar noch mal den ein oder anderen Punkt in einem neuen Licht und schon wieder ist man näher zur Mitte gekommen. Da, wo die Wahrheit so oft liegt.
Sei lieb umarmt, Thomas
Lieber Thomas,
danke dir für die schönen Worte. Das stimmt total.
Ich habe mich sehr befreit gefühlt, nach dem ich den Text geschrieben habe.
Einerseits weil ich das Loslassen noch mehr fühlen konnte
und andererseits weil es aus mir heraus gekommen ist und nicht mehr in meinem Kopf war.
Liebe Umarmung zurück
Cosima
So viel Gefühl und Herz steckt da drin, Cosima! Ich spüre es direkt! Komischerweise hat mich der Titel direkt angezogen, vor ein paar Wochen habe ich auch einen Blogbeitrag geschrieben (bisher nicht veröffentlicht), indem es um Verzeihung geht und um den Kampf mit einem selbst! Und deine Worte drücken so viel aus! Echt sehr schön und so wichtig sich da auch selber zu analysieren, auch wenn manches echt so schwer ist, dass man denkt, man kommt nie darüber weg – egal ob Freundschaft oder Liebe. Du machst das alles toll!! Liebe Grüße, Ella
Liebe Ella,
ich danke dir sehr für diese schönen Worte.
Und ich es berührt mich zu merken, dass du dich wieder finden kannst in meinem Text.
Wenn der Blogpost online ist, kannst du ihn ja gerne nochmal in die Kommentare posten.
Wie du auch ansprichst: Egal ob Liebe oder Freundschaft. Ich hatte früher oft das Gefühl,
ungerecht behandelt zu werden, wenn romantische Beziehung offiziell beendet werden, es nochmal
eine Aussöhnung gibt (natürlich auch nicht immer). Doch „nur“ als Freundin habe ich es nicht verdient,
nochmal ein Gespräch zu suchen oder meine Gefühle sind weniger wichtig.
Jetzt betrachte ich romantische und freundschaftliche Beziehungen nicht mehr getrennt,
sondern spreche generell von Beziehungen in meinem Leben und nehme mich selbst auch gleichwertig wahr mit meinem Gefühlen und Bedürfnissen.
Liebste Grüße
Cosima
Hallo liebe Cosima,
ein so schöner Text: so offen, so ehrlich und so tief berührend! Ich danke für deine Zeilen, für die Gefühle, die er in mir geweckt hat. 🙂
Liebste Grüße, Nadin
Liebe Nadin,
danke dir für deinen Kommentar. Freut mich sehr zu hören,
dass mein Text dich berührt hat.
Viele liebe Grüße dir
Cosima
Hallo Cosima,
ich kenne diese Situation nur zu gut. Nach 2 Jahren Funkstille haben wir uns jetzt wieder getroffen und angenähert. Doch war da auch so vieles Unausgesprochenes. Dieses Wochenende hat sie mich dann ohne Abzusagen hängen lassen und war nicht erreichbar. Das hat die alte Wunde wieder aufgebrochen. Und diesmal habe ich ihr alles per Whats App um die Ohren geknallt. Eigentlich wollte ich es ihr persönlich sagen, aber das war nicht möglich. Ich habe alles aufgeschrieben. Wie sie sich selbst und mich belügt. Dass ich mich nie auf sie verlassen kann. Dass ich traurig, wütend und enttäuscht bin. Aber auch, dass ich meine Liebe, meine Kraft und Zuneigung nicht länger an sie verschwende. Für mich war das jetzt befreiend und ich kann (hoffentlich) einen Schlussstrich ziehen.
Ich habe so viel Liebe und Freundschaft zu geben. Ich bin 100%ig zuverlässig und loyal und ich habe mich bisher so oft von Freundinnen ausnutzen lassen. Das will ich nicht mehr. Ich will nicht nur Freundin sein, wenn es dem anderen passt. Ich bin keine Maschine, die man ein- und ausschalten kann. Ich will nicht mehr, darauf reinfallen, wenn mir Menschen sagen, wie lieb sie mich haben und dass sie alles für mich tun würden und es am Ende einfach nur leere Phrasen sind.
Ich wurde so oft verletzt, im Stich gelassen und verraten und gedemütigt. Damit ist Schluss. Ab heute stelle ich meine Bedürfnisse vor allen anderen. Zuerst ich, dann die anderen. Nur so kann ich als Hochsensible meinen Frieden finden. Die Hoffnung, dass es da draußen eine Freundin gibt, die genauso ist wie ich, habe ich nun endgültig aufgegeben.
Hi liebe Heike,
danke dir für das offene Teilen! Das berührt mich.
Ich höre da ganz viel Wut und Enttäuschung raus.
Das kann ich gut nachvollziehen. Gleichzeitig wünsche ich mir für dich,
dass du als Konzequenz nicht ziehst, dass du dich verschließen musst.
Ich glaube es ist ganz wichtig gleichgesinnte Menschen zu finden, mit denen man zusammen „schwingen“ kann.
Gerade bei Hochsensiblität kann das manchmal vielleicht länger dauern.
Kennst du die Bücher von Anne Heintze? Sie beschäftigt sich sehr viel mit Hochsensibilität und coacht auch in dem Bereich:
https://open-mind-akademie.de/anne-heintze-ananda-hummer/
Vielleicht ist das ja was für dich!
Ich wünsche dir ganz viel Kraft auf deinem Weg.
Liebe Grüße
Cosima