Wir legen uns ins frisch gemähte Gras. Mein Mund klebt noch von dem Eis, das wir gerade gegessen haben.
Ich blinzle schnell, weil mir die Sonne in die Augen scheint.
Meine Freundin und ich schauen in die Wolken.
Wir kichern, entdecken Formen und Tiere.
Das ist ungefähr 10 Jahre her.
Wenn ich jetzt auf einer Wiese liege, hab ich ein Buch oder mein Handy in der Hand, Kopfhörer im Ohr, eine Yogamatte unter mir…
Doch was passiert, wenn ich einfach nur im Gras liege und die Wolken beobachte?
Ich fühle mich unproduktiv, meine Gedanken schweifen um Dinge, die ich jetzt tun könnte. Mit denen diese Zeit ‚besser’ genutzt wäre. Kennst du das auch?
Du willst dir nur ein paar Minuten für dich gönnen, doch du kannst einfach nicht abschalten?
Ich kenne das sehr gut. Immer wieder aufs neue demonstriert mein Gehirn mit Parolen
„Sei produktiv!“ „Rumliegen = Faulheit.“
Jetzt weiß ich, wie wichtig Ruhe und Auszeiten für mich sind.
Schon einige Male habe ich die Signale meines Körpers ignoriert und jede Minute „genutzt“, die ich am Tag hatte und nicht mit Schlafen verbracht habe.
Das geht einige Tage oder vielleicht auch Wochen gut.
Doch dann geht auf ein Mal nichts mehr.
Während meines FÖJs in Berlin hatte ich mich komplett überanstrengt und verausgabt.
Ich habe das vor mir gerechtfertigt, damit, dass mir alle meine Aktivitäten sehr viel Freude bereitet haben und ich möchte, dass andere Menschen sich auf mich verlassen können.
Dabei habe ich meine Balance aus dem Auge verloren.
Nach einem sehr vollen Wochenende war ich total motiviert und bin Sonntag morgen noch voller Elan ins Fitnessstudio gegangen.
Danach habe ich schon gemerkt, dass ich wohl lieber nochmal ins Bett gehen sollte.
Als ich mich hingelegt habe, konnte ich nicht mehr aufstehen.
Mein Körper hat mich nicht mehr nur gebeten langsamer zu machen,
er hat mich dazu gezwungen.
Anders habe ich nicht hingehört.
Der liebe Tobi von living utopia hat mich an diesem Tag besucht.
Nach über 3 Jahren haben wir uns wieder gesehen und ich konnte ihm nicht mal die Tür aufmachen.
Ich musste mich übergeben, hab Nasenbluten bekommen,
wollte einfach nur schlafen und mich einrollen im Bett.
Ich bin dankbar, dass mein Körper einfach Schluss gemacht hat.
Wenn ich kleine Hinweise auf dem Weg nicht wahrnehme, dann muss eben auf einmal ein neongelber Leuchtpfeil auftauchen, damit ich langsamer mache.
Danke auch an Tobi, der sehr einfühlsam und verständnisvoll war.
Denn nun noch Schuldgefühle zu haben, hätte ich nicht mehr verkraften können.
Ich hätte diese Situation vermeiden können, doch manchmal ist es der extremere Weg, damit ich nachhaltig etwas verändere.
Was versuche ich jetzt anders zu machen?
Wenn ich in meinem Gedankenkarussell der „Produktivität“ versinke, halte ich mich an.
Ich atme tief ein und aus. Ich erinnere mich selbst, dass kleine Auszeiten so sinnvoll sind, wie ein Buch lesen, einen Blogpost schreiben oder einen Termin abklären.
Ich kann den Outcome von dieser Zeit vielleicht nicht sehen, in Buchstaben, die sich auf einem Bildschirm aneinander reihen oder einer kürzer werdenden To-do List. Aber ich kann es fühlen.
Leg dich ins Gras.
Mach die Augen zu, mach sie mal auf. Lass die Wolken an dir vorbei ziehen.
Wenn Gedanken in dir aufsteigen, dann heiße sie willkommen.
Mir hilft es immer, sie wie die Wolken einfach weiter ziehen zu lassen.
So halte ich mich nicht mit einem Gedanken auf.
Streiche mit den Händen über die grünen Halme unter dir, spüre wie sensitiv deine Fingerspitzen sind.
Die Sonne schenkt dir Energie und wärmt deine Haut.
Kein Vergleich zu dem kalten Licht, das dir dein Smartphone entgegen strahlt.
Nach einer Weile, wenn du im Gras liegst, merkst du wie dein Atmen tiefer wird. Deine Sinne werden schärfer.
Was nimmst du wahr?
Wie fühlt sich dein Atmen an? Was spüren deine Sinne?
Riechst du das frischgemähte Gras? Hörst du die Bienen, die von Blüte zu Blüte schwirren?
Oder den Wind, der durch die Bäume raschelt?
(Vielleicht hörst du auch die Nachbarskinder Flöte üben… )
Das ist Zeit für dich und deine Wahrnehmung.
Wie geht es deinem Körper?
Versuche deine Gedanken nicht zu werten. Einfach nur beobachten.
Das ist Balsam für deinen Körper, deinen Geist und auch dein Herz.
Wenn es zu viel wird, dann zeigt dir dein Körper das.
Allerdings liegt es an dir, ob du das wahrnimmst.
Auszeiten helfen dir dabei, deinen Körper zu fühlen. Du gönnst dir und deiner Seele Ruhe.
Danach kannst du dich wieder mit Motivation, Lust und Kraft auf die Dinge stürzen, die noch anstehen.
Achte auf deine innere Ausgeglichenheit.
Was sind Auszeiten für dich im Alltag?
Kennst du auch das Gefühl unproduktiv zu sein und wenn ja, wie legst du es ab?
Erzähl mir in den Kommentaren davon.
Cosima
© A. Morascher
Hey – danke für diesen nachdenklich stimmenden Artikel. Wir stehen zwar nicht wirklich in Kontakt, aber deine Person und dein Werdegang faszinieren mich schon seit längerem 🙂 Ich kann von mir sagen, dass ich zum Glück immer einigermaßen (;-)) gut auf mich höre. Dennoch kenne ich das zu gut …dieses Gedankenabschweifen. Nicht im Moment sein. Aber zum Glück gibt es viele Wege dies zu ändern 🙂 Und Wolken anschauen ist das schönste, was ich dazu bisher von jemandem gehört habe.
Liebe Maura,
ich danke dir von Herzen für deine Worte.
Ich freue mich sehr, dass dir der Text gefällt und du auch viele Wege
für dich entdeckst im Moment zu sein. Ich finde es auch schön, zu merken,
dass ich manchmal nur ganz bewusst atmen muss, um wieder zu innerer Ruhe zu finden.
Sonnigste Grüße
Cosima
Ersteinmal danke für deine schöne Email und diesen schönen Artikel. Obwohl ich gerade am Abend bei künstlichem Licht in meinem Zimmer sitze, haben mich deine Auszeitanweisungen sehr entspannt :).
Zu deiner Frage: heute früh kam ich zu einem Termin etwa zwanzig Minuten zu früh – und o Schreck: ich hatte nichts zu studieren dabei! – für einen Moment kam ich mir wirklich unproduktiv vor, aber dann dachte ich mir: „Ich sollte meinem Geist auch einmal Ruhe gönnen.“ So konnte ich mich entspannen, wenn auch nicht ganz so schön, wie du das angeleitet hast 🙂
Im Übrigen bin ich jetzt sehr glücklich, denn meine Selbstliebe war nur verdeckt, solange ich auf der Suche war, wieso ich mein Leben noch nicht lebte 🙂 Die Antwort war einfach: ich hatte Angst davor, erwachsen zu sein – oder eben anders gesagt: einfach mein Leben zu leben. Jetzt tue ich das und bin sehr glücklich 🙂
Alles Liebe dir und schöne Grüße,
Matthias Herrbergius 😉
Lieber Matthias,
danke dir für deine schönen Worte.
Es freut mich, dass du dich wieder findest in meinem Text.
Wunderbar, dass du nun auch deinen Weg weiter gehst und so reflektierst.
Aller liebste Grüße
Cosima
Liebe Cosima,
was du in deinem Text beschreibst, kommt mir alles sehr bekannt vor. Manchmal fällt es mir so schwer einfach mal nichts zu tun, obwohl ich genau was, dass es mir gut tun würde einfach mal das Handy auf die Seite zu legen oder die Kopfhörer aus dem Ohr zu stöpseln und einfach mal nur aus dem Fenster zu schauen. Einfach mal ganz bewusst im hier und jetzt zu sein. Mir hilft Yoga total gut um abzuschalten und auch tiefe und lange Atemzüge um mich wieder zu erden. Ich wünsche mir, dass ich das in meinem Alltag wieder vielmehr integrieren werde. Dein Text hat mich auf jeden Fall wieder darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig das doch ist!
Es macht Spaß deine Blogeinträge zu lesen. 🙂
Liebe Grüße Alex ♡
Liebe Alex,
ich kann dich so gut verstehen. Ich ertappe mich immer wieder dabei,
wie ich versuche so viel auf einmal zu erledigen und noch mehr in meinen Kalender zu packen.
Doch wie du sagst, es ist so schön und wichtig uns selbst immer wieder daran zu
erinnern, was sich gut anfühlt und uns gut tut 🙂
Freut mich, dass du Yoga da für dich entdeckt hast.
Danke dir <3
Liebste Grüße
Cosima